Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnfrist im Wettbewerbsprozess

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 02.07.2003; Aktenzeichen 32 O 41/03 KfH)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Vorsitzenden der 32. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 2.7.2003 - Az. 32 O 41/03 KfH - abgeändert:

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: bis 2.000 Euro

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin auf Unterlassung einer angeblich wettbewerbswidrigen Anzeigenwerbung in Anspruch genommen.

Die Antragsgegnerin warb in der Zeitschrift "rtv", Heft Nr. 20/2003 für einen Schmuckanhänger mit der Bezeichnung "Tibetanischer Heilschmuck" und "Original Lama Gangchen Heilschmuck". In der Anzeige (Anl. A 2) wies sie auf "Erstaunliche Erfolge!" des Anhängers hin, versprach "Schutz gegen Angst und Depressionen" und behauptete, der Anhänger habe sich "1.000fach bewährt".

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16.5.2003 (Anl. A 3) forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin auf, es zu unterlassen, ihren Kettenanhänger unter der Bezeichnung "Heilschmuck" mit den Hinweisen "erstaunliche Erfolge" sowie "Schutz gegen Angst und Depressionen" zu bewerben und bis zum 23.5.2003 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Antragsgegnerin, bei der das Schreiben am 19.5.2003 eingegangen war, leitete dieses sofort an ihren Prozessbevollmächtigten weiter, der noch mit Schreiben vom selben Tag (Anl. A 4) ggü. dem Antragsteller mitteilte, dass er sich nach weiteren Prüfungen bis zum 26.5.2003 erklären werde. Die Frist bis 23.5.2003 bezeichnete er unter Hinweis auf Nr. 6 der Grundsätze für die Tätigkeit von Wettbewerbsvereinigungen als zu kurz.

Die Prozessvertreter des Antragstellers ihrerseits antworteten darauf mit Schreiben vom 21.5.2003 und baten darum, die bis zum 21.5.2003 gesetzte Frist zu beachten (Anl. A 5).

Mit Schriftsatz vorn 26.5.2003, der am Nachmittag desselben Tages per Post abgeschickt wurde, hat der Antragsteller beim LG Stuttgart den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Nach Absendung des Antrags ging am 26.5.2003 um 18.56 Uhr per Telefax eine Erklärung beim Antragstellervertreter ein, in der sich die Antragsgegnerin strafbewehrt verpflichtete, es zu unterlassen, mit der streitgegenständlichen Anzeige für ihren Schmuck zu werben. Das Original des Schriftsatzes erreichte den Antragstellervertreter am 28.5.2003.

Daraufhin erklärten die Prozessvertreter das Verfahren in der Hauptsache mit widerstreitenden Kostenanträgen für erledigt.

Das LG hat durch den angefochtenen Beschluss dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Antragsteller ein Zuwarten bis zum Montag, den 26.5.2003, also über das Wochenende hinaus, wie von der Antragsgegnerin gewünscht, zumutbar gewesen sei. Erst mit Ablauf des Montags hätte der Antragsteller Anlass zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung gehabt. Nachdem die gewünschte Unterlassungserklärung aber bereits um 18.56 Uhr beim Antragstellervertreter eingegangen sei, habe der Antragsteller in analoger Anwendung des § 93 ZPO nach § 91a ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gegen den Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, die Kosten des Rechtsstreits der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Er ist der Ansicht, die in seinem Schreiben vom 16.5.2003 gesetzte Wochenfrist sei bei Berücksichtigung der Einzelfallumstände angemessen gewesen. Die Antragsgegnerin habe deshalb diese Frist einhalten müssen. Das Schreiben der Antragsgegnerin vom 19.5.2003 rechtfertige keine andere Bewertung, weil darin keine beachtlichen Gründe vorgebracht worden seien, die auf eine etwaige Unangemessenheit hätten schließen lassen können.

Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig. Das LG sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht vor Ablauf des 26.5.2003 habe eingereicht werden dürfen. Die angemessene Erklärungsfrist habe erst mit Ablauf dieses Tages geendet.

Das LG half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte dem Senat die Akten zur Entscheidung vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Da der Vorsitzende einer Kammer für Handelssachen nicht Einzelrichter i.S.d. § 568 S. 1 ZPO ist, entscheidet der Senat nicht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter (BGH v. 20.10.2003 - II ZB 27/02, NJW 2004, 856).

2. Die gem. § 91a Abs. 2 S. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde wurde innerhalb der Notfrist des § 569 Abs. 1 S. 1 PO eingelegt und ist auch im Übrigen zulässig.

3. Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Nachdem beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war über die Verfahrenskosten gem. § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherig...

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