Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzinsung bei Gebührenermäßigung. Forderung aus Warenlieferung. Gerichtskostenansatz und Verzinsung
Leitsatz (amtlich)
Für eine Verzinsung nicht verbrauchter Gerichtsgebühren – zwischen Einzahlung (KV Nr. 1201 bzw. 1210) und Eintritt des Ermäßigungstatbestands (KV Nr. 1202 bzw. 1211) – fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
Normenkette
GKG-KV Nr. 1201/1202 (1210/1211)
Verfahrensgang
LG Ulm (Aktenzeichen 2 KfH O 121/99) |
Gründe
Aus denGründen:
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zunächst einen Mahnbescheid unter Einzahlung einer halben Gerichtsgebühr (Nr. 1100 KV-GKG in Höhe von 447,50 DM) aus einer Hauptforderung von über 80.000,– DM nebst Kosten und Zinsen erwirkt. Nach Widerspruchseinlegung durch die Antragsgegnerin ist die Zahlung der Klägerin von weiteren 2 ½ Gebühren (KV 1201) in Höhe von 2.237,50 DM zur Durchführung des streitigen Verfahrens am 6.5.1999 bei der Gerichtskasse eingegangen. Noch vor Einreichung einer Anspruchsbegründung hat die Beklagte mitteilen lassen, dass sie am 30.4.1999 Insolvenzantrag gestellt habe. Durch Verfügung vom 26.11.1999 wurden die Akten nach § 7 AktO weggelegt.
Unter dem 7./8.11.2000 hat der Klägervertreter im Hinblick auf das Ende Juni 1999 eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten seinen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens zurückgenommen und zugleich beantragt, die nicht verbrauchten Gerichtskosten„zuzüglich 6 % Zinsen ab dem Zahlungstag” zurückzuerstatten. Unter dem 20.11.2000 hat die Kostenbeamtin eine Gerichtsgebühr nach Nr. 1202 KV in Höhe von 895,– DM in Ansatz gebracht und die Rückzahlung der zuviel gezahlten 1.790,– DM verfügt. Diese Rückzahlung ist am 28.11.2000 den Konten des Klägervertreters gutgeschrieben worden. Eine Verzinsung dieses Rückzahlungsbetrags hat die Kostenbeamtin mit Schreiben vom 30.11.2000 abgelehnt.
Gegen diese Versagung einer Verzinsung wendet sich der Klägervertreter und fordert für die Zeit vom 26.4.1999 bis zum 28.11.2000 Zinsen in Höhe von 170,65 DM. Die Kammer hat die Erinnerung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde unter Bezugnahme auf einen Beschluss des Landgerichts Tübingen (7 O 403/99) vom 16.10.2000, in dem eine Verzinsungspflicht in einem gleich gelagerten Fall bejaht worden ist.
2. Das Kostenrechtsmittel der Klägerin ist als einfache Beschwerde nach § 5 Abs. 2 GKG zulässig, nachdem das Landgericht zurecht das Schreiben des Klägervertreters vom 4.12.2000 gegen die in die Form eines Briefes gekleidete Entscheidung der Kostenbeamtin als Erinnerung i. S. des § 5 Abs. 1 GKG angesehen hat.
Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Der Senat teilt die in der angegriffenen Entscheidung des Landgerichts Ulm vertretene Auffassung; der abweichenden Auffassung der 7. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen folgt der Senat nicht.
Es kann offen bleiben, ob und inwieweit der vom 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts im Beschluss vom 9.12.1998 (NJW 1999, 1194) vertretenen Auffassung, überzahlte Notarkosten seien mit 6 % pro Jahr zu verzinsen, gefolgt werden könnte, obwohl diese Entscheidung im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung im umgekehrten Falle steht (BGHZ 108, 268 – Urteil v. 13.7.1989). Denn ein auf die entsprechende Anwendung der §§ 812 Abs. 2 S. 1, 818 Abs. 1 BGB gestützter öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, den das BayObLG als Anspruchsgrundlage zu Grunde gelegt hat, kommt in der hier zu beurteilenden Konstellation nicht in Betracht.
Nach § 11 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 1201 KV (seit 1.1.2001: Nr. 1210 KV) fällt die dreifache Verfahrensgebühr mit Einreichung der Klage bzw. bei vorangegangenem Mahnverfahren bei Abgabe an das Streitgericht (Senat, Die Justiz 1999, 172 = NJW-RR 1999, 799 = RPfl 1999, 351 = JurBüro 1999, 422) an. Eine diesbezügliche Zahlung erfolgt – entgegen der Annahme des Landgerichts Tübingen a.a.O. – mit Rechtsgrund. Die in Nr. 1202 KV (bzw. nunmehr Nr. 1211 KV) festgelegte „Ermäßigung” auf eine Gerichtsgebühr setzt voraus, dass die Prozessparteien einen der dort einzeln aufgeführten Ermäßigungstatbestände verwirklichen. Erst die Prozesserklärung der Klagrücknahme führt eine Verminderung der Gerichtskostenforderung herbei. Dies ist hier der am 8.11.2000 eingegangene Rücknahme-Schriftsatz des Klägervertreters. Erst zu diesem Zeitpunkt entsteht der Rückzahlungsanspruch der Klägerin, der seitens der Gerichtskasse auch innerhalb der üblichen Bearbeitungszeiten erfüllt worden ist. Mit Eintritt des Ermäßigungstatbestandes ist jedoch nicht der Rechtsgrund der ursprünglichen Gerichtskostenzahlung rückwirkend entfallen. Das Landgericht Tübingen bleibt für seine gegenteilige Auffassung eine plausible Begründung schuldig.
Dass die vom Klägervertreter verfochtene Ansicht nicht richtig ist, zeigt der vorliegende Fall deutlich. Vom Verfahrensablauf hätte die Klägerin ihre Rücknahmeerklärung bereits im Juni 1999 abgeben können, hat aber bis Anfang November 2000 zugewartet,...