Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 24.05.2019; Aktenzeichen 12 O 310/17) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24.05.2019, Az. 12 O 310/17, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 62.104,53 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz in Form von Zahlung des für das streitgegenständliche Fahrzeug geleisteten Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.
Der Kläger bestellte am 26.03.2014 das streitgegenständliche Fahrzeug, einen XY mit einem ... Dieselmotor Euro 6, als Neufahrzeug zu einem Kaufpreis von 79.660,68 EUR beim P. GmbH. Erstzulassung und Übergabe des Fahrzeugs erfolgten zum 12.11.2014.
Bei dem Fahrzeug muss auf Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) eine Aktualisierung der Motorsteuerungssoftware vorgenommen werden, die den Warmlauf-Modus des SCR-Katalysators betrifft.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 23.08.2017 außergerichtlich Schadensersatz aus § 826 BGB in Höhe von 91.197,09 EUR verlangt, hat seinen Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt sowie Zahlungsfrist gesetzt bis 07.09.2017. Die Beklagte hat die Ansprüche durch Schreiben vom 31.08.2017 zurückgewiesen.
Erstinstanzlich hat der Kläger behauptet,
die Beklagte habe eine verbotene Abschalteinrichtung im Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs verbaut. Sie verwende eine Getriebesoftware, die erkenne, dass das Fahrzeug auf einem Abgasprüfstand stehe und sodann eine Aufwärmstrategie fahre, welche im realen Straßenverkehr nicht aktiviert werde.
Ein Softwareupdate sei nicht zumutbar, da dies Folgemängel wie einen erhöhten Verbrauch, einen erhöhten Motorverschleiß und eine verringerte Motorleistung nach sich ziehe. Durch die Betroffenheit vom Abgas-Skandal sei das Fahrzeug mit einem erheblichen Mangel versehen und sei quasi unverkäuflich und mehr oder weniger wertlos.
Der heimliche Einsatz der installierten Software sei sittenwidrig, weshalb ihm ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zustehe. Sein Vermögen sei mit einer ungewollten Verpflichtung belastet. Bei verständiger Würdigung würde kein Verbraucher ein Fahrzeug erwerben, welches mit einer gesetzeswidrigen Software ausgestattet sei. Die ihn schädigende Handlung der Beklagten liege in der Herstellung und dem Inverkehrbringen des Dieselmotors mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung zum Zweck des Weiterverkaufs. Das Handeln der Beklagten habe auf reiner Gewinnerzielungsabsicht und der Absicht, die Marktpräsenz zu verbessern, basiert und sei mithin vorsätzlich geschehen.
Als juristische Person könne die Beklagte nicht selbst handeln, sondern nehme durch ihre Organe am Rechtsverkehr teil, die sich interner und externer Entwicklungsteams bedienten. Damit erfolge eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Organ- und Wissenstheorie nach § 31 BGB analog. Der Verweis auf Zulieferer sei unzulässig.
Ohne weitere Konfigurationen würden keine Konzernmotoren übernommen, sondern im konkreten Fall, um dem sportlichen Anspruch der Marke P. zu entsprechen, weiter konfiguriert.
Die Beklagte sei Herstellerin des Fahrzeugs sowie des zugehörigen Motors. Selbst wenn die Grundkomponenten des Aggregats von der A. AG geliefert worden seien, erfolge die entsprechende Entwicklung der Spezifikationen bei der Beklagten selbst. Auch die Steuerung für die "Leistung und Leistungsentfaltung" würde von der Beklagten entwickelt und vorgenommen. Schließlich sei die manipulierte Getriebesoftware von der Beklagten entwickelt, hergestellt, angepasst und installiert worden. Selbst wenn die Entwicklung der Anpassung bei A. gelegen habe, handele es sich um einen Auftrag nach Weisung der Beklagten sowie der entsprechenden Entwicklungs- und Vorstandsabteilung. Die Echtheit der angeblich mit A. über das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung geführten Korrespondenz werde bestritten. Zudem sei unklar, ob es sich überhaupt um eine offizielle Korrespondenz zwischen der Beklagten und der A. AG gehandelt habe.
Neben der Aufwärmstrategie enthalte das streitgegenständliche Fahrzeug eine weitere unzulässige Abschalteinrichtung dergestalt, dass die Nutzung von AdBlue unter bestimmten Bedingungen eingeschränkt werde.
Die Beklagte und ihre Organe seien vollumfänglich über die Manipulationen des streitgegenständlichen Fahrzeugs bzw. des spezifischen Typs informiert gewesen.
Er habe naturgemäß keinerlei Einblick in die internen Entscheidungsvorgänge der Beklagten und sei auf Veröffentlichungen der Medien und auf Rückschlüsse und Vermutungen angewiesen. Die Beklagte habe dagegen jede Möglichkeit, die in ihrem Unternehmen im Zusammenhang mit der Progr...