Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 14 O 458/18)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29.5.2019 (14 O 458/18) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.393,66 EUR nebst Zinsen daraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.1.2019 zu zahlen Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des PKW V ... T ..., FIN W ....

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Beklagte 3/4 und der Kläger 1/4. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte 94 % und der Kläger 6 %.

IV. Das Urteil des Senats sowie - im Umfang der Zurückweisung der Berufung der Beklagten - das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29.5.2019 (14 O 458/18) sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung der Gegenseite gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 21.716,66 EUR.

 

Gründe

Die Parteien streiten um deliktische Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte vor dem Hintergrund des so genannten VW-Diesel-Abgasskandals.

Der Kläger erwarb das im Urteilstenor I.1. näher bezeichnete Fahrzeug, in den ein Dieselmotor der Reihe EA 189 Euro 5 eingebaut ist, als Neuwagen am 27.1.2015 zu einem Kaufpreis in Höhe von 28.706,00 EUR (Anlage K 1).

Der Kläger hat die Beklagte wegen der allgemein bekannten Manipulation der Motorsteuerung durch die Beklagte mit zwei unterschiedlichen Betriebsmodi, je nach realem Fahrbetrieb bzw. dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), auf Schadensersatz u.a. auch auf der Grundlage von §§ 826, 31 BGB mit der am 9.1.2019 zugestellten Klage in Anspruch genommen.

Am 6.2.2017 wurde ein Software-Update aufgespielt.

Das Landgericht hat der auf Zahlung des ursprünglichen Kaufpreises, ohne Abzug einer Nutzungsentschädigung bzw. eines Vorteilsausgleichs, auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten, Zahlung eines Zinses aus dem Kaufpreis nach § 849 BGB seit 27.1.2015 und Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten gerichteten Klage insoweit auf der rechtlichen Grundlage der §§ 826, 31 BGB bzw. § 831 BGB stattgegeben, als die Beklagte unter Anrechnung eines Vorteilsausgleichs für bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht gefahrene 60.870 km (auf der Basis einer angenommenen Gesamtfahrleistung von 250.000 km) zur Zahlung eines Betrags von 21.716,66 EUR Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs verurteilt wurde. Außerdem hat das Landgericht dem Kläger den geltend gemachten Zins nach § 849 BGB aus dem Kaufpreis seit dem 27.1.2015 bis zum 9.1.2019 und aus dem zugesprochenen Betrag ab 10.1.2019 zuerkannt, im Übrigen aber die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.

Gegen dieses richtet sich die Berufung der Beklagten, die unter Hinweis auf das Urteil des OLG Braunschweig vom 19.2.2019 (7 U 134/17) zusammengefasst geltend macht, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft einen der Beklagten zurechenbaren Schädigungsvorsatz und einen kausalen Schaden des Klägers angenommen habe. Auf die in vielen hundert Verfahren gleich oder ähnlich lautende Berufungsbegründung der Beklagten (Blatt 231 ff) wird Bezug genommen.

Den vom Landgericht zugesprochenen Zins aus § 849 BGB hält die Beklagte aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt für begründbar.

Sie stellt daher den Antrag,

das Urteil des Landgerichts Ellwangen (Jagst) vom 12.4.2019 (3 O 333/18) im Umfang der Beschwer der Beklagten abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Der Kläger stellt den Antrag

Die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 20.5.2020 (Blatt 423 ff) Bezug genommen.

II. Die Berufung der Beklagten ist nur zum geringen Teil begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung auf der Grundlage von §§ 826, 31 BGB zu. Unter Berücksichtigung einer bei Schluss der mündlichen Verhandlung am 20.5.2020 (Kilometerstand an diesem Tag: 72.392) aufgelaufenen und auf der Basis der vom Landgericht angenommenen und vom Kläger im Berufungsverfahren nicht angegriffenen und daher vom Senat zugrunde zu legenden Gesamtfahrleistung von 250.000 km berechneten Nutzungsentschädigung von 8.312,34 EUR ergibt sich ein Schadensersatzbetrag des Klägers von (28.706,00 - 8.312,34 =) 20.393,66 EUR. Zinsen nach § 849 BGB schuldet die Beklagte jedoch entgegen der Annahme des ...

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