Leitsatz (amtlich)
BetrAVG iVm § 134 BGB steht der Abtretung künftiger Forderungen auf die Versicherungsleistung nicht entgegen. Die zur Pfändbarkeit derartiger Forderungen auf die Versicherungsleistung ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschlüsse vom 11. November 2010 - VII ZB 87/09, und vom 20. Dezember 2018 - IX ZB 8/17) greift auch hinsichtlich deren Abtretbarkeit (entgegen OLG Koblenz, Urteil vom 12. Oktober 2012 - 10 U 1151/11; LG Saarbrücken, Urteil vom 6. September 2018 - 14 O 229/17).
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 2 S. 4
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 22.10.2018; Aktenzeichen 16 O 219/18) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 22.10.2018, Az. 16 O 219/18, wird
zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart sind hinsichtlich der Kostenentscheidungen vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten oder der Streithelferin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagte oder deren Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 33.937,78 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger nach der Pfändung und Überweisung von Ansprüchen aus einer Lebensversicherung, die der Schuldner zuvor zur Sicherheit abgetreten hatte, Zahlung verlangen kann.
Die R. GmbH schloss 1981 zum Zwecke der betrieblichen Altersvorsorge des bei ihr angestellten K-H. F. (nachfolgend: Schuldner) mit der Beklagten zwei Lebensversicherungsverträge mit den Endnummern -729 und - 737. Nach dem Ausscheiden des Schuldners übertrug die R. GmbH die Verträge mit Wirkung zum 1. November 1991 auf diesen, der die Ansprüche daraus am 16. Dezember 1991 (Anl. B1, Anl. SH1, GA I 18 f., 65 f.) sowie nochmals am 7. April 1998 (Anl. B2, GA I 40 f.) - unter jeweiliger Anzeige an die Beklagte - zur Sicherheit an die Streithelferin der Beklagten, die damals noch als G. eG firmierte, abtrat.
Nachdem der Schuldner den Vertrag mit der Endnummer -737 Anfang 2000 gekündigt hatte, wies die Beklagte ihn und die Streithelferin darauf hin, dass nur eine Teilkündigung bezüglich der frei verfügbaren, d.h. nicht auf Beitragsanteilen des Arbeitgebers beruhenden Teilen des Vertrages zulässig sei und rechnete den Vertrag mit der Endnummer -737 in Absprache mit ihrer Streithelferin entsprechend ab, indem sie einen Betrag von 2.518,74 EUR auf das bei der Streithelferin geführte Konto des Schuldners überwies.
Am 6. Juni 2002 erwirkte der Kläger gegen den Schuldner beim Amtsgericht C. einen Vollstreckungsbescheid über einen Betrag von 68.881,74 EUR. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts D. an der Donau vom 26. August 2002 (Anl. K1, GA I 5 ff.) ließ der Kläger unter anderem die Forderungen des Schuldners aus den beiden Versicherungsverträgen mit den Endnummern -729 und -737 pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde der Beklagten am 9. September 2002 zugestellt, die daraufhin am 24. September 2002 eine Drittschuldnererklärung abgab (Anl. K2, B3, GA I 10 ff., 43 f.). Darin sowie in einem Anschreiben vom 23. September 2002 (Anl. B3, GA I 42) teilte sie dem Kläger mit, davon auszugehen, dass die Pfändungen wegen der früheren Abtretungen unwirksam seien.
Im Februar 2003 kündigte der Schuldner den Vertrag mit der Endnummer -729 hinsichtlich der frei verfügbaren Versicherungsteile, woraufhin die Beklagte einen Betrag iHv 19.015,27 EUR zahlte.
Beide Versicherungen wurden danach mit vermindertem Garantiekapital beitragsfrei weitergeführt.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2009 erklärte die Streithelferin gegenüber dem Kläger, dass die Kontoverbindung mit dem Schuldner erloschen sei und die Pfändung damit als erledigt angesehen werde.
Nach jeweiligem Vertragsende zum 1. Dezember 2017 zahlte die Beklagte die Ablaufleistungen in Höhe von 75.491,17 EUR (Endnummer -729) und 2.616,25 EUR (Endnummer -737) an die Streithelferin aus.
Der Kläger, der in erster Instanz wie im Berufungsverfahren beantragt hat, hat die Ansicht vertreten, die Abtretungen an die Streithelferin seien gemäß § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG iVm § 134 BGB unwirksam, wohingegen die Pfändungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wirksam seien. Er hat daher die Zahlung eines zum 30. November 2017 noch offenen Betrages von 35.620,52 EUR (29.143,80 EUR zuzüglich Zinsen) abzüglich einer am 20. Januar 2018 auf einen dritten, nicht streitgegenständlichen Vertrag erfolgten Teilzahlung in Höhe von 1.572,46 EUR verlangt (vgl. Forderungsaufstellung in Anl. K5, GA I 17). Im Laufe des Verfahrens ha...