Verfahrensgang
LG Ulm (Urteil vom 10.04.2015; Aktenzeichen 11 O 19/14) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des LG Ulm vom 10.4.2015 (Az.: 11 O 19/14), berichtigt durch Beschluss desselben Gerichts vom 29.5.2015, wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages leistet.
IV Die Revision wird zugelassen.
Streitwert für beide Rechtszüge: 50.000,- EUR.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Unterlassung auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage und Kostenerstattung.
Wegen des Sachverhalts wird auf die Feststellungen in dem Urteil des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des LG Ulm vom 10.4.2015, berichtigt durch Beschluss des erkennenden Gerichts vom 29.5.2015, Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage abgewiesen. Hierzu hat es ausgeführt.
Die Klage sei zulässig, der Kläger könne Unterlassung aber weder aus §§ 4 Nr. 11, 3, 8 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB (bis zum 12.12.2014), noch aus Art. 7 der VO (EU) 1169/2011 (seit 13.12.2014) noch aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG verlangen.
Die Marktverhaltensregelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB (bis 12.12.2014) habe es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Angaben zu werben. Eine Irreführung habe danach insbesondere dann vorgelegen, wenn bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Angaben über den Ursprung oder die Herkunft verwendet wurden.
Nach Art. 7 Abs. 1a, Abs. 4 der VO (EU) Nr. 1169/11 dürften Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, insbesondere Angaben in Bezug auf das Ursprungsland oder den Herkunftsort, gleichgültig, ob die Angaben Inhalt der Werbung seien oder sich auf der Verpackung befänden.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG handele unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornehme, indem er unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben, insbesondere zur geografischen Herkunft der Waren mache.
Auch im Lichte des Art. 6 der Richtlinie 2005/29/EG (UPG-Richtlinie) sei die angegriffene Bezeichnung danach nicht unlauter. Die Beklagte ernte die Champignons unstreitig in L. und sei deshalb auch gesetzlich verpflichtet, als Ursprungsland "Deutschland" auf der Verpackung anzugeben (seit 13.12.2014 aus Art. 76 Abs. 1 der VO (EU) Nr. 1308/2013 i.V.m. Art. 26 der VO (EU) Nr. 1169/2011).
Nach dem bis zum 31.12.2013 maßgebenden Art. 113a Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1234/2007 (Verordnung über die Einheitliche Gemeinsame Marktordnung - GMO) dürften die Erzeugnisse des Sektors Obst und Gemüse, die frisch an den Verbraucher verkauft werden sollten, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn u.a. das "Ursprungsland" angegeben sei.
Nach dem vom 01.01.2014 bis zum 12.12.2014 maßgebenden Art. 76 der VO (EU) Nr. 1308/2013 seien erneut die zusätzlichen Anforderungen für die Vermarktung von Erzeugnissen des Sektors Obst und Gemüse, die frisch an den Verbraucher verkauft werden sollten, dahingehend festgelegt worden, dass solche nur in den Verkehr gebracht werden dürften, wenn u.a. das "Ursprungsland" angegeben sei. Diese Norm sei nach Art. 1 Abs. 1 Nr. 2i der VO (EU) Nr. 1308/2013, Anlage zur VO (EWG) Nr. 2658/87, Anlage II Teil II Abschnitt II Kapitel 7 (KN-Code "0709 - anderes Obst und Gemüse, frisch oder gekühlt", mit der Unterposition 070951 "Pilze und Trüffeln") anwendbar.
Die Auslegung des Begriffs "Ursprungsland" erfolge nach Art. 23 Abs. 1, 2b (bzw. Art. 24) der VO (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex). Danach seien Ursprungswaren eines Landes Waren, die vollständig in diesem Land gewonnen oder hergestellt worden seien, Art. 23 Abs. 1. Nach Art. 23 Abs. 2b seien vollständig in einem Land gewonnene oder hergestellte Waren "pflanzliche Erzeugnisse", die in diesem Land "geerntet" worden seien.
Die VO (EU) 1169/2011, die gem. Art. 55 seit 13.12.2014 gelte, verweise in Art. 2 III hinsichtlich des Begriffs "Ursprungsland" nunmehr ausdrücklich auf die Begriffsbestimmung in Art. 23-26 der VO (EWG) 2913/92. Die Heranziehung dieser Begriffsbestimmung entspräche auch während der Geltung des Artikel 113a Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1234/2007 und seit der Geltung der VO (EU) Nr. 1308/2013 allgemeiner Rechtsauffassung.
Eine Ausnahme von Champignons aus dem Anwendungsbereich des Art. 23 der VO (EWG) 2913/92 bestehe nicht. Der Gesetzgeber habe bei Art. 23 Abs. 2 dieser Verordnung die Produktion im Rahmen mobiler Kulturen berücksichtigt.
Unschädlich sei, dass die Champignons erst einen Tag vor der Ernte nach Deutschland...