Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 04.01.2019; Aktenzeichen 29 O 254/18) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 04.01.2019, Az. 29 O 254/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H. von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Streitwert der Berufung: 31.043,23 EUR
Gründe
I. Die Klägerin begehrt nach erklärtem Widerruf die Rückabwicklung eines teilweise durch ein Darlehen der beklagten Bank finanzierten PKW-Kaufs.
Der Kaufpreis betrug 29.480,00 EUR, als Anzahlung aus eigenen Mitteln war ein Betrag von 14.000,00 EUR vorgesehen. Zur Finanzierung schloss die Klägerin im April 2014 einen Darlehensvertrag mit der Beklagten über einen Nettodarlehensbetrag von 15.480,00 EUR mit einer Laufzeit von 48 Monaten. Mit Schreiben vom 8. April 2018 erklärte die Klägerin den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung.
Bezüglich der Einzelheiten und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die unter näherer Begründung im Einzelnen weiterhin meint, sie habe den streitgegenständlichen Darlehensvertrag im Jahr 2018 noch widerrufen können, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt gewesen sei.
Am 27. März 2019 verkaufte die Klägerin das Fahrzeug für 13.000,00 EUR. Gegen den in dieser Höhe bestehenden Gegenanspruch der Beklagten erklärt die Klägerin die Aufrechnung mit ihrem ursprünglich geltend gemachten Anspruch von 31.043,23 EUR und beantragt in der Berufungsinstanz zuletzt, das erstinstanzliche Urteil wie folgt abzuändern:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 18.043,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 749,34 EUR freizustellen.
3. Im Übrigen wird der Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Die Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung
und hilfsweise für den Fall des vollständigen oder teilweisen Obsiegens der Klägerin,
festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, an die Beklagte Wertersatz in Höhe der Differenz zwischen dem Verkehrswert des Fahrzeugs XY Fahrzeug-Identifizierungs-Nr. YZ zum Zeitpunkt der Übergabe an die Klägerin und dem Verkehrswert des vorbezeichneten Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Herausgabe an die Beklagte im Rahmen der Rückabwicklung (Wertverlust) zu zahlen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil als richtig.
Die Klägerin beantragt,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
Wegen der Einzelheiten und wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
1. Gemäß Art. 229 §§ 32 Abs. 1, 38 Abs. 1 EGBGB finden die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften von BGB und EGBGB in ihrer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im April 2014 gültigen Fassung Anwendung. Zitierungen von BGB und EGBGB im Folgenden beziehen sich auf die Vorschriften in dieser Fassung, soweit nicht anders vermerkt.
2. Der Klägerin stand beim Abschluss des streitgegenständlichen Verbraucherdarlehensvertrags ein Widerrufsrecht zu, §§ 495 Abs. 1, 355 BGB. Dieses Widerrufsrecht war jedoch bei Erklärung des Widerrufs verfristet.
Denn der Klägerin wurde bei Vertragsschluss eine für sie bestimmte Abschrift der Vertragsurkunde im Sinne des § 355 Abs. 3 S. 2 BGB zur Verfügung gestellt und die der Klägerin zur Verfügung gestellte Urkunde enthielt alle für die Ingangsetzung der Widerrufsfrist erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB. Damit lief die 14tägige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 S. 1, Abs. 3, § 495 Abs. 2 BGB mit Vertragsschluss im April 2014 an.
a) Die Schriftgröße der Angaben nach § 492 Abs. 2 BGB begegnet keinen Bedenken. Diese sind ohne Hilfsmittel ausreichend lesbar (vgl. Senat, Urteil vom 4. Juni 2019 - 6 U 137/18 -, Rn. 29, juris, unter Verweis auf BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - II ZR 2/11 -, Rn. 11, juris).
b) Die gemäß § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB erforderliche Widerrufsinformation ist nicht zu beanstanden.
aa) Die Angabe zur Widerrufsfrist von 2 Wochen ist nicht zu beanstanden. Die Regelung einer Bindungsfrist von 4 Wochen unter Ziff. I. der Darlehensbedingungen unter der Überschrift "Vertragsabschluss" ist nicht geeignet, Verwirrung zur Frage der Widerrufsfrist von 2 Wochen aufkommen zu lassen. Die Ausführungen sind ohne ...