Normenkette
BGB § 823
Verfahrensgang
LG Rottweil (Aktenzeichen 2 O 417/99) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Rottweil vom 6.12.2001 – 2 O 417/99 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 43.000 Euro abwenden, wenn die Beklagten nicht vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Streitwert und Beschwer der Klägerin: 1.258.915,03 Euro (Klageantrag Ziff. 1: 1.003.269,04 Euro; Klageantrag Ziff. 2: 255.645,94 Euro).
Tatbestand
Die Klägerin, gesetzlicher Krankenversicherer von M.S., macht übergegangene materielle Schadensersatzansprüche wegen eines Geburtsschadens geltend. M.S. wurde am 24.9.1993 im Kreiskrankenhaus R., das von der Beklagten zu 2) betrieben wird, geboren. Der Beklagte zu 1) war Oberarzt der geburtshilflich gynäkologischen Abteilung und hat die Mutter des Klägers entbunden.
Die Mutter von M. hatte schon am 27.9.1991 unter Leitung des Beklagten zu 1) ihr erstgeborenes Kind im Krankenhaus der Beklagten zu 2) entbunden. Die Geburt erfolgte durch Sectio in der 35. Schwangerschaftswoche wegen vorzeitigen Blasensprunges und intrauteriner Asphyxie.
Anfang 1993 wurde die Mutter von M. wieder schwanger. Errechneter Entbindungstermin war der 23.9.1993. Sie wurde am Morgen des 24.9.1993 gegen 7.15 Uhr mit Wehen, die bereits gegen 5.00 Uhr eingesetzt hatten, auf der Entbindungsstation des Kreiskrankenhauses R. eingeliefert. Die Aufnahmeuntersuchung ergab eine verstrichene Portio, einen auf drei bis vier Zentimeter eröffneten Muttermund; der Kopf stand fest im Beckeneingang, die Pfeilnaht im queren Durchmesser. Das Aufnahme-CTG ergab eine Kontraktionstätigkeit alle zwei bis vier Minuten. Um 7.55 Uhr betrug die Muttermundsweite sechs bis sieben Zentimeter, der Kopf befand sich im Beckeneingang. Die Mutter von M. wurde im Kreißbett gelagert. Gegen 8.25 Uhr wurde der Beklagte zu 1) hinzugezogen. Die Patientin gab um 8.30 Uhr Druck auf den Damm an. Bei der vaginalen Untersuchung zeigte sich der Muttermund bis auf einen vorderen schmalen Saum vollständig, der Kopf fest im Beckeneingang, die Herztöne waren unauffällig. Um 8.38 Uhr kam es zu einem Abfall der Herzfrequenz auf 80 Schläge pro Minute bei guten Akzelerationen. In den Krankenakten findet sich hierzu der Eintrag: „Fraglicher Abnahmefehler”. Auf Anordnung des Beklagten zu 1) wurde der Mutter von M. um 8.48 Uhr eine Ampulle Partusisten verabreicht. Die Herztonableitung erfolgte nunmehr über eine Kopfschwartenelektrode und war sofort ohne Befund. Die um 9.06 Uhr durch den Beklagten zu 1) vorgenommene Untersuchung ergab einen vollständig eröffneten Muttermund; der Kopf war in Beckenmitte. Nach einem Pressversuch trat der Kopf rasch tiefer und erreichte die Ebene zwischen Beckenmitte und Beckenboden. Nach erneutem Abfall der Herzfrequenz wurde der Entschluss zur Vakuumextraktion gefasst. Die Saugglocke wurde in typischer Weise angelegt; bei wehensynchronem Zug folgte der Kopf nicht. Da die Saugglocke Luft zog, ging der Beklagte zu 1) auf den Gebrauch der Geburtszange über, die er biparietal mühelos anlegen konnte. Auch hier folgte der Kopf auf wehensynchronen Zug und Kristeller-Hilfe nicht, so dass um 9.15 Uhr der Entschluss zur Not-Sectio gefasst und die Kinderklinik telefonisch informiert wurde. Um 9.24 Uhr kam es zur Geburt eines lebenden reifen Knaben. Zu diesem Teil der Entbindung befindet sich im OP-Bericht der Vermerk: „Das Kind kann jetzt rasch entwickelt werden.” Das Kind wurde umgehend durch den Anästhesisten versorgt und wegen respiratorischer Insuffizienz intubiert. Es war insgesamt sehr blass und schlaff und nicht in der Lage, selbstständig zu atmen. Das Kind M. wurde um 11.00 Uhr in die Kinderklinik V. verlegt. Vom 1.10.1993 bis 14.10.1993 befand er sich stationär in der Kinderklinik der Universität F., wo aufgrund der Anamnese, der Klinik und der durchgeführten Untersuchungen einehypoxische Schädigung vorwiegend im Bereich des Hirnstammes angenommen wurde. Nach seiner Rückverlegung in die Kinderklinik V. zeigte eine Kernspinuntersuchung vom 12.11.1993 eine Atrophie des Halsmarks in Höhe C1.
M. ist bis heute in stationärer Behandlung. Die Pflegekosten werden von der Klägerin allein getragen. Die Eltern beabsichtigen, das Kind nach Hause zu nehmen, sobald behindertengerechter Wohnraum gefunden ist.
Die persönlichen Ansprüche des Kindes sind beim LG Rottweil eingeklagt worden. Der unter dem Aktenzeichen 2 O 779/95 (OLG Stuttgart 14 U 6/98) geführte Prozess endete in der zweiten Instanz mit einem Vergleich. Als Ursache für die eingetretene Schädigung des Halsmarks kam für die Sachverständigen dieses Vorprozesses am ehesten das Zurückholen des Kindes in das kleine Becken in Betracht. Es wurden insgesamt vier Schädigungsmechanismen diskutiert: Eine ruckartige Drehbewegung und/oder Zugbewegung mit der Zange; ein Abknicken des Rückenmarks in der Längsachse bei arre...