Verfahrensgang

LG Ellwangen (Urteil vom 23.05.2003; Aktenzeichen 3 O 35/03)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Ellwangen vom 23.5.2003 abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 7.086,17 Euro zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.7.2002 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 7.086,17 Euro

 

Gründe

A. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter der B. GmbH (künftig: Schuldnerin) einen insolvenzanfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch hinsichtlich eines Betrages geltend, den die Schuldnerin drei Jahre vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Abwendung eines später wieder zurückgenommenen Gesamtvollstreckungsantrages der beklagten Krankenkasse an diese als Einzugsstelle bezahlt hat.

Die im August 1990 gegründete Schuldnerin mit Sitz in Dresden nahm ihre Geschäftstätigkeit im Oktober 1990 auf und hatte schon 1996 erhebliche Forderungsausfälle, wobei das Eigenkapital bereits vollständig aufgezehrt und die Schuldnerin bilanziell überschuldet war sowie massive Liquiditätsschwierigkeiten hatte. Der erste Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 24.4.1996 von der A. wegen einer Forderung von 119.978,17 DM gestellt. Dieser Antrag sowie drei weitere im Jahre 1996, zwei im Jahr 1997 und vier bis zum 16.10.1998 gestellte Gesamtvollstreckungsanträge mit einem Forderungsvolumen von ca. 490.000 DM wurden jeweils nach Befriedigung, dem Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen oder der Stellung von Sicherheiten wieder zurückgenommen. Insbesondere wurde der Gesamtvollstreckungsantrag der T. GmbH vom 3.2.1998 (Anl. K 48, Bl 62) über den Gesamtbetrag von 220.240,09 DM von der Antragstellerin unter dem 23.3.1998 im Hinblick darauf wieder zurückgenommen (Anl. K 49, Bl. 62), dass sich die Schuldnerin zur Übertragung einer Sicherungsgrundschuld i.H.v. 100.000 DM an einem Privatgrundstück – wohl an dem der Ehefrau des Geschäftsführers der Schuldnerin – sowie zu einer ratenweise Befriedigung der Forderung i.H.v. zunächst 5.000 DM und einer möglichen Erhöhung auf 10.000 DM ab Juni 1998 verpflichtet hatte, was am 24.3.1998 vertraglich vereinbart wurde (Anl. K 50, Bl. 62).

Auf den Antrag der Beklagten vom 16.10.1998 (Anl. K 21, Bl. 17), wegen Beitragsrückständen für den Zeitraum von November 1997 bis September 1998 nebst Versäumniszuschlägen und Gebühren i.H.v. insgesamt 13.711,34 DM das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zu eröffnen, bezahlte diese am 26.10.1998 an die Beklagte 13.859,34 DM, die daraufhin der mit der Zahlung verbundenen Bitte der Schuldnerin (vgl. Anl. K 23, Bl. 17) entsprach und den Gesamtvollstreckungsantrag mit Schreiben vom 5.11.1998 (Anl. K 24, Bl. 17) ggü. dem AG D. für erledigt erklärte.

Am 12.2.1999 gab die Geschäftsführerin der Schuldnerin vor dem AG R. die eidesstattliche Versicherung ab und erklärte, die Schuldnerin sei zahlungsunfähig. Am 18.6.1999 kündigte die Geschäftsbank der Schuldnerin die Geschäftsverbindung und stellte einen Saldo von 185.598,70 DM zur Zahlung fällig.

Zwischen 1998 und 2001 wurden wegen nicht rechtzeitig bezahlter Forderungen zwischen 1.530,41 DM und 197.971,54 DM weitere 23 Gesamtvollstreckungs- bzw. Insolvenzanträge gestellt, die aber noch nicht zur Eröffnung des Gesamtvollstreckungs- bzw. Insolvenzverfahrens führten. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin wurde erst aufgrund der Anträge der B GbR vom 12.9.2001, der D. vom 18.10.2001, des R. T. vom 1.10.2001 sowie der A. vom 26.10.2001 durch Beschluss des AG D. vom 3.12.2001 eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Überschuldung der Schuldnerin wurde mit 662.048,67 Euro ausgewiesen.

Mit einem nicht zu den Akten gereichten Schreiben vom 2.7.2002 forderte der Kläger unter Hinweis auf die Anfechtbarkeit der im Oktober 1998 von der Schuldnerin bezahlten 13.859,34 DM (= 7.086,17 Euro) die Beklagte gem. §§ 133 Abs. 1, 143 InsO zur Rückzahlung auf.

Der Kläger vertrat die Ansicht, eine Zahlung zur Abwendung eines Insolvenzverfahrens – wie hier – sei einer Zahlung zur Abwehr einer Zwangsvollstreckung vergleichbar. Deswegen sei die Bezahlung der 13.859,34 DM im Oktober 1998 als inkongruente Deckung anzusehen mit der Folge, dass ein Beweisanzeichen für eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht vorliege und die Zahlung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung nach § 133 Abs. 1 S. 1 und 2 InsO anfechtbar sei. Eine objektive Gläubigerbenachteiligung ergebe sich daraus, dass der Insolvenzantrag vom 5.2.1998 auf der 1995 titulierten Forderung der T. GmbH 1995 über 197.971,54 DM beruht habe, die im vorliegenden Insolvenzverfahren – unstreitig – zur Tabelle angemeldet worden sei. Der Anfechtbarkeit stehe auch nicht entgegen, dass die Beklagte ein Sozialversicherungsträger sei, weil diese insolvenzrec...

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