Leitsatz (amtlich)
Eine in AGB enthaltene Preisanpassungsklausel für die Belieferung mit Flüssiggas ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam, wenn sie dem Lieferanten das Recht einräumt, den Gaspreis unter nach Grund und Höhe der Anpassung nicht konkret voraussehbaren und nicht nachvollziehbaren Voraussetzungen zu ändern. Eine Klausel, die - u.a. - eine Anpassung bei Änderung des "Gestehungspreises" für den Lieferanten eröffnet, entbehrt der notwendigen klaren Beschreibung der für die Anpassung relevanten Bezugsgröße.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 13.07.2004; Aktenzeichen 20 O 234/04) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 13.7.2004 - Az. 20 O 234/04 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung seitens des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 EUR abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 3.200 EUR.
Gründe
I. Der Kläger, ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 UKlaG eingetragener Verein, nimmt die Beklagte wegen einer in deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Preisanpassungsklausel auf Unterlassung in Anspruch.
Die Beklagte ist ein bundesweit tätiges Unternehmen, das u.a. mit Flüssiggas handelt und im Rahmen der Belieferungsverträge auch Gasbehälter gegen Nutzungsentschädigung zur Verfügung stellt.
Die Beklagte verwendet - ggü. Verbrauchern - einen formularmäßigen "Flüssiggas-Belieferungs-Vertrag" (Bl. 15 d.A.), der in Nr. 1 Abs. 1, S. 2 regelt, dass die Kunden verpflichtet sind, ihren gesamten Bedarf an Flüssiggas ausschließlich bei der Beklagten zu decken. Außerdem enthält der Vertrag folgende Bestimmung:
"4. Preisklausel für Flüssiggaslieferungen
Die Lieferung erfolgt frei Haus.
Wenn sich nach Abschluss des Vertrages die Gestehungspreise für Flüssiggas, die Material-, Lohn-, Transport- und Lagerkosten oder die Mineralöl- bzw. Mehrwertsteuersätze ändern, kann S im Umfang der Veränderung dieser Kostenfaktoren pro Liefereinheit den vorstehend angegebenen derzeitigen Gaspreis ändern.
Wenn sich die vorgenannten Kosten ermäßigen, kann der Kunde die Neufestsetzung des Preises im Rahmen der Veränderung der Kostenfaktoren verlangen. ..."
Der Kläger hat vor dem LG die Meinung vertreten, diese Preisklausel verstoße gegen das Transparenzgebot, weil die Abnehmer nicht in der Lage seien, bei Vertragsschluss den Umfang möglicher Preissteigerungen zu erkennen. Auch könne die Berechtigung in Rechnung gestellter Preiserhöhungen nicht überprüft werden. Die Regelung gewähre der Beklagten eine für den Kunden nicht überprüfbare einseitige Preisfestlegungsmöglichkeit. Die Klausel erfasse mehrere Preisfaktoren, ohne dass der Kunde ersehen könne, wie die jeweiligen Kosten den Lieferpreis beeinflussen. Daraus ergebe sich eine unzulässige Benachteiligung des Verbrauchers. Die Beklagte binde ihre Kunden außerdem langfristig an sich und schotte damit den Markt ab. Ein angemessener, auch die Belange der Verbraucher berücksichtigender Interessenausgleich mache es jedenfalls notwendig, den Abnehmern im Fall von Preiserhöhungen eine Kündigungsmöglichkeit einzuräumen.
Der Kläger hat beantragt:
1. Der Beklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu untersagen, als Flüssiggaslieferant im Zusammenhang mit Flüssiggas-Belieferungs-Verträgen in den AGB'en folgende Klausel ggü. Verbrauchern zu verwenden und sich bei der Abwicklung bestehender Vertragsverhältnisse auf diese Klausel zu berufen:
Wenn sich nach Abschluss des Vertrages die Gestehungspreise für Flüssiggas, die Material-, Lohn-, Transport- und Lagerkosten oder die Mineralöl- bzw. Mehrwertsteuersätze ändern, kann S im Umfang der Veränderung dieser Kostenfaktoren pro Liefereinheit den vorstehend angegebenen derzeitigen Gaspreis ändern.
Wenn sich die vorgenannten Kosten ermäßigen, kann der Kunde die Neufestsetzung des Preises im Rahmen der Veränderung der Kostenfaktoren verlangen.
2. Dem Kläger die Befugnis zuzusprechen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten, bekannt zu machen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Meinung vertreten, dass die von ihr verwendete Preisanpassungsklausel nicht beanstandet werden könne. In der Regelung seien alle preisbildenden Faktoren abschießend aufgeführt. Es sei sichergestellt, dass Preisänderungen nur im Rahmen effektiver Preis- und Kostenschwankungen erfolgen dürften. Keinesfalls könne gefordert werden, dass bereits im Vertrag die Preiskalkulation aufgedeckt werde. Vielmehr sei es aus...