Leitsatz (amtlich)
1. Bei zu Spekulationszwecken abgeschlossenen Zinswährungsswap-Geschäften muss der Anleger sowohl über das Chancen-Risiko-Profil des Vertrages als auch über den Vermögenswert der ausgetauschten Leistungsverpflichtungen aufgeklärt werden, wenn er deren Wert nicht selbst ermitteln kann.
2. Vor der Empfehlung eines spekulativen Swap-Geschäfts muss der Berater sorgfältig die Risikobereitschaft des Kunden ermitteln. Er kann nicht davon ausgehen, dass der Anleger das theoretische Maximalrisiko tragen will und muss die konkrete Verlustbereitschaft erfragen.
3. Bei spekulativen Swap-Geschäften ist der Anleger über die Möglichkeiten, die Risikopositionen zu schließen, sowie über das Erfordernis eines effektiven Risikomanagements durch Überwachung des Marktwerts aufzuklären.
4. Im Rahmen der anlegergerechten Beratung ist sicherzustellen, dass der Anleger in der Lage ist, eigenverantwortlich den Marktwert während der Laufzeit zu beobachten oder durch Dritte ermitteln zu lassen. Dies ist nicht sichergestellt, wenn sich die Bank nicht zu einer Überwachung verbindlich verpflichtet hat und die konkrete Risikobereitschaft des Anlegers nicht ermittelt hat.
Normenkette
BGB § 280
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 21.12.2010; Aktenzeichen 8 O 247/10) |
Tenor
I. Die Berufungen der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 21.12.2010 - 8 O 247/10, werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass Ziff. 2 des Urteils auf Grund der Antragsänderung wie folgt neu gefasst wird:
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 7.437,34 EUR zu zahlen.
II. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil des LG und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Wert der Berufung: bis 410.000 EUR
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der beklagten Landesbank als Vertragspartnerin sowie von seiner Hausbank als Beraterin Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Cross-Currency-Swap-Vertrages. Der Kläger hatte im Jahr 2005 zwei Zinswährungsswap-Verträge mit der Beklagten zu 1 auf Beratung der Beklagten zu 2 abgeschlossen. Die Vertragsparteien hatten das Währungspaar Euro/Schweizer Franken und eine Verzinsung fest (Bank)/variabel (Kläger) vereinbart. Auf Empfehlung der Beklagten zu 2 wurden diese Swap-Verträge vorzeitig mit Gewinn für den Kläger aufgelöst. Auf Vorschlag der Beklagten zu 2 schlossen die Parteien am 2.8.2007 einen neuen Zinswährungsswap. Darin verpflichtete sich die Beklagte zu 1 zur vierteljährlichen Verzinsung von 1 Mio Britischer Pfund (GBP) i.H.v. 5,84 % p.a. (fest) und der Kläger zur Verzinsung von 2,446 Mio. Schweizer Franken (CHF) zu 3,31 % p.a. (fest). Das Nominalkapital sollte zum Laufzeitende (30.6.2009) ausgetauscht werden.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Kläger habe gegen die Beklagte zu 2 einen Schadensersatzanspruch, weil diese ihre Pflichten aus einem Beratungsvertrag verletzt habe. Die Beratung sei nicht objektgerecht gewesen, da die Beklagte zu 2 den Kläger nicht über die Höhe und die Bedeutung des anfänglichen Marktwertes aufgeklärt habe. Dies stehe nach der Beweisaufnahme fest. Auch bei den streitgegenständlichen Cross-Currency-Swap-Verträgen hätte die Beklagte auf den anfänglichen negativen Marktwert hinweisen müssen. Dieser enthalte die Bewertung des Währungsrisikos, die nur den Beklagten, nicht jedoch dem Kläger möglich war. Insofern habe eine deutliche Informationsasymmetrie vorgelegen, an der sich die Beratungspflichten der Beklagten zu 2 zu orientieren hätten. Das vom Kläger eingegangene Risiko habe sich vor allem aus dem zum Enddatum des Vertrages fälligen Tausch der Bezugsbeträge ergeben. Aus der Sicht des Klägers habe der vereinbarte Endtausch das Recht enthalten, 1 Million GBP zum Kurs von 2,446 CHF zu kaufen. Dieses Recht habe bei Vertragsschluss einen Marktwert gehabt, der sich an den Prämien entsprechender Devisenoptionen orientiert haben dürfte. Der Marktwert, sowie die Marktwerte der weiteren der Beklagten zu 1 eingeräumten Rechte seien der Beklagten bekannt gewesen, nicht jedoch dem Kläger. Die Beklagte zu 2 hätte daher wenigstens die Höhe des saldierten Marktwertes des Gesamtgeschäfts mitteilen müssen. Die Lage sei vergleichbar mit einem Tausch von zwei Wertpapieren. In diesem Fall hätte die Beratungspflicht der Beklagten zu 2 die Mitteilung der Kurswerte der Wertpapiere umfasst. Die Pflicht zur Mitteilung der Marktwerte lasse sich auch aus der Rechtsprechung des BGH zur Vermittlung von Optionen ableiten. Auch wenn die Beklagte zu 2 nicht als Vermittlerin von Optionen gehand...