Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 17.06.2021; Aktenzeichen 8 O 503/20)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17.06.2021, Az. 8 O 503/20, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 54.540,65 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Dieselfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger erwarb am 06.10.2016 von einem Autohändler einen ... als Gebrauchtwagen zum Preis von 77.000 EUR. Zur Finanzierung des Erwerbs schloss der Kläger mit der ... Bank AG einen Darlehensvertrag. Die ... Bank AG legt ihren Darlehensverträgen mit Fahrzeugerwerbern regelmäßig - und so auch im Fall des Klägers - Darlehensbedingungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde, die unter Ziff. II. - neben der Sicherungsübereignung des finanzierten Fahrzeugs - die Stellung von Sicherheiten vorsehen.

Dort heißt es:

"Der Darlehensnehmer räumt dem Darlehensgeber zur Sicherung aller gegenwärtigen und bis zur Rückzahlung des Darlehens noch entstehenden sowie bedingten und befristeten Ansprüche des Darlehensgebers aus der Geschäftsverbindung einschließlich einer etwaigen Rückabwicklung, gleich aus welchem Rechtsgrund, Sicherheiten gemäß nachstehenden Ziffern 1-3 ein.

[...]

3. Abtretung von sonstigen Ansprüchen

Der Darlehensnehmer tritt ferner hiermit folgende - gegenwärtige und zukünftige - Ansprüche an den Darlehensgeber ab, die diese Abtretung annimmt:

  • gegen den Schädiger und den Halter des schadenverursachenden Fahrzeuges sowie deren Haftpflichtversicherer auf Ausgleich für Beschädigung oder Zerstörung des Finanzierungsobjektes.
  • gegen den Kaskoversicherer auf Ausgleich für Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommen des Finanzierungsobjektes.
  • gegen den Verkäufer für den Fall einer Rückgängigmachung des finanzierten Vertrages oder Herabsetzung der Vergütung.
  • gegen die ... AG, ... Leasing GmbH, ... Mitarbeiter-Fahrzeuge Leasing GmbH oder einen Vertreter der ... AG, gleich aus welchem Rechtsgrund. Ausgenommen von der Abtretung sind Gewährleistungsansprüche aus Kaufvertrag des Darlehensnehmers gegen die ... AG oder einen Vertreter der ... AG. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber auf Anforderung jederzeit die Namen und Anschriften der Drittschuldner mitzuteilen.

[...]

6. Rückgabe der Sicherheiten

Der Darlehensgeber verpflichtet sich, nach Wegfall des Sicherungszweckes (alle Zahlungen unanfechtbar erfolgt) sämtliche Sicherungsrechte (Abschnitt II. Ziff. 1, 2, 3) zurückzuübertragen bzw. Dritte, auf die Sicherungsrechte nach Abschnitt II. Ziff. 5 übertragen sind, zur Rückübertragung zu veranlassen. Bestehen mehrere Sicherheiten, hat der Darlehensgeber auf Verlangen des Darlehensnehmers schon vorher nach ihrer Wahl einzelne Sicherheiten oder Teile davon freizugeben, falls deren realisierbarer Wert 120 % der gesicherten Ansprüche des Darlehensgebers überschreitet. [...]

[...]"

Das Fahrzeug wurde dem Kläger mit einer Laufleistung von 12.000 km übergeben. Es ist mit einem von der Beklagten entwickelten und hergestellten Dieselmotor der Baureihe ..., Schadstoffklasse Euro 6, ausgestattet. Das Fahrzeug ist von einem verpflichtenden Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes (im Folgenden: KBA) betroffen. Zur Verringerung der Stickoxidemissionen wird in dem Fahrzeug ein System zur Abgasrückführung eingesetzt. Dabei wird ein Teil des Abgases zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt und nimmt erneut an der Verbrennung teil. Die Abgasrückführung wird unter anderem in Abhängigkeit von der Außentemperatur gesteuert (sogenanntes "Thermofenster").

Mit vorgerichtlichem Anwaltsschreiben vom 08.10.2020 (Anlage K 2 LGA) ließ der Kläger die Beklagte erfolglos zur Zahlung von Schadensersatz auffordern.

Der Kläger behauptete im ersten Rechtszug, dass es ihm beim Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs insbesondere auf dessen Umweltfreundlichkeit und den geringen Kraftstoffverbrauch angekommen sei. Er sei ferner davon ausgegangen, dass sein Fahrzeug nicht vom sog. Abgasskandal betroffen sei und nicht über unzulässige Abschaltvorrichtungen verfüge. Demgegenüber habe die Beklagte den in dem Fahrzeug verbauten Motor mit unzulässigen Abschalteinrichtungen ausgestattet. Das Fahrzeug weise eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt eines Thermofensters sowie einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung auf.

Die Beklagte wendete ein, der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, dass in dem Fahrzeug unzulässi...

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