Leitsatz (amtlich)
1. Wurden bei einer Publikumskommanditgesellschaft, an welcher Fondsanleger mittelbar über Treuhandverträge beteiligt sind, an jene Treugeber Ausschüttungen aus dem Gesellschaftsvermögen vorgenommen, welche die Voraussetzungen der §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 Satz 1 HGB erfüllen, so steht einer Abtretung der hieraus resultierenden vertraglichen Freistellungsansprüche der Treuhandkommanditistin gegen die jeweiligen Treugeber an den Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaft kein Abtretungsverbot nach § 399 BGB entgegen.
2. Gegen den Zahlungsanspruch des Insolvenzverwalters, in den sich der an diesen abgetretene Freistellungsanspruch umwandelt, kann der jeweilige Treugeber nicht mit Schadensersatzansprüchen aufrechnen, welche ihm gegebenenfalls ggü. der Treuhandkommanditistin zustehen. Denn einer solchen Aufrechnung stünde das Prinzip zwingenden Schutzes entgegen, welchen das haftende Kapital nach §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 Satz 1 HGB genießt.
3. Der Zahlungsanspruch des Insolvenzverwalters aus abgetretenem Recht verjährt in entsprechender Anwendung von § 159 Abs. 1 HGB.
4. Die Vorschrift des § 172 Abs. 5 HGB greift nur dann zugunsten des jeweiligen Treugebers ein, wenn die maßgeblichen Bilanzen der betreffenden Kommanditgesellschaft - nach Verrechnung mit den jeweiligen Verlustvorträgen - überhaupt Gewinne verzeichnen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Normenkette
HGB §§ 159, 171-172; BGB §§ 195, § 199 ff., §§ 399, 406; EGBGB Art. 229; EGBGB § 6 Abs. 4 S. 1
Verfahrensgang
LG Ulm (Urteil vom 14.08.2009; Aktenzeichen 4 O 116/09) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Ulm vom 14.8.2009 (4 O 116/09) wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Streitwert:
I. und II. Instanz jeweils: 17.256,10 EUR.
Gründe
I. Mit seiner Klage begehrt der Kläger vom Beklagten aus abgetretenem Recht die Rückzahlung von Ausschüttungen, welche dieser aus dem Vermögen der F. KG, M. (im Folgenden: KG), erhalten hatte. Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren betreffend das Vermögen jener Gesellschaft. Einzige Kommanditistin der KG war die P. Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH, M. (künftig: P. GmbH). Letztere hielt die - als "F.-Fonds ..." vertriebenen - Geschäftsanteile an der Schuldnerin treuhänderisch für insgesamt 172 Kapitalanleger.
Der Beklagte hatte am 6.12.1993 mit einem Beteiligungsbetrag i.H.v. 250.000 DM zzgl. 5 % Agio seinen Beitritt zum "F.-Fonds ..." erklärt. In der seitens der P. GmbH am 14.12.1993 angenommenen "Beitrittserklärung F.-Fonds ..." (Anlage K 5) heißt es u.a.
"Ich, der/die Unterzeichnende, beauftrage hiermit die P. Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH, M., treuhänderisch für meine Rechnung eine Beteiligung an der F. KG ... zu übernehmen und biete dazu der Treuhandgesellschaft den Abschluss des dem Prospekt beigefügten Treuhandvertrages an. Den Treuhandvertrag sowie den dem Prospekt beigefügten Gesellschaftsvertrag erkenne ich als für mich verbindlich an ..."
Unter der Überschrift "Ergebnis- und Vermögensbeteiligung, Ausschüttungen" sieht § 13 des Gesellschaftsvertrages der KG vom 9.11.1993 (Anlage K 2) u.a. Folgendes vor:
"(1)...
...
(4) Die Gesellschaft hat die Mietzinsüberschüsse, die nach Leistung des Kapitaldienstes, Abdeckung ihrer sonstigen Kosten und Aufrechterhaltung einer Liquiditätsreserve in Höhe der in der Liquiditätsprognose des Beteiligungsprospektes angegebenen Höhe verbleiben, jährlich jeweils bis 1.4. des folgenden Jahres, erstmals am 1.4.1995 für das Jahr 1994, an die Gesellschafter im Verhältnis ihrer festen Kapitalkonten auszuschütten. Dies gilt auch dann, wenn die Kapitalkonten durch vorangegangene Verluste unter die vereinbarte Kapitaleinlage abgesunken sind.
(5) Soweit die Ausschüttungen der Gesellschaft an die Kommanditisten nach den handelsrecht-lichen Vorschriften als Rückzahlung der von dem Treuhänder für Rechnung seiner Treugeber geleisteten Kommanditeinlage anzusehen sind, entsteht für den Treuhänder eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (vgl. § 172 Abs. 4 HGB). Von dieser Haftung haben die Treugeber bzw. Kommanditisten den Treuhänder nach Maßgabe des Treuhandvertrages (Anlage 2) freizustellen."
Der "Treuhandvertrag F.-Fonds ..." (Anlage K 4) zwischen dem jeweiligen Treugeber und der P. GmbH als Treuhänderin enthält u.a. folgende Bestimmungen:
"§ 3 Weisungen
(1) Der Treuhänder unterliegt bei der Durchführung seiner Aufgaben den Weisungen des Treugebers, wenn und soweit dieser Vertrag und der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft den Weisungen des Treugebers nicht entgegenstehen.
(2)...
...
§ 5 Freistellung
Soweit Ausschüttungen der Gesellschaft an den Treugeber n...