Leitsatz (amtlich)
1. Stimmt bei einem vor dem 1.1.2002 abgeschlossenen Bauträgervertrag weder der Werkunternehmer noch nach dessen Insolvenz der Insolvenzverwalter dem auf Sachmängel am Bauwerk gestützten Rückabwicklungsverlangen des Bestellers zu, verliert der Besteller nicht den Anspruch auf Auflassung des bebauten Grundstücks.
2. Der durch Vormerkung gesicherte Anspruch gegen den Bauträger auf Auflassung des Grundstücks kann auch dann nach dessen Insolvenz bestehen bleiben, wenn der Besteller die Gegenleistung nicht vollständig erbracht hat.
3. Der Insolvenzverwalter kann dem gesicherten Auflassungsanspruch nicht die Masseunzulänglichkeit entgegen halten, wenn der Besteller sich verpflichtet hat, die Kosten der Auflassung zu tragen.
Verfahrensgang
LG Ulm (Urteil vom 20.03.2003; Aktenzeichen 6 O 10/03) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Ulm vom 20.3.2003 (6 O 10/03) aufgehoben.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, den ... Miteigentumsanteil an dem Grundstück ... an die Beklagten zu je hälftigem Miteigentumsanteil aufzulassen und ihre Eintragung als Eigentümer im Grundbuch zu bewilligen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die vorläufige Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 250.000 Euro, es sei denn, die Beklagten leisten vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe.
Berufungsstreitwert: bis zu 230.000 Euro.
Gründe
I. Die Parteien streiten mit der Klage um die Löschung einer Auflassungsvormerkung und um eine Nutzungsentschädigung, mit der Widerklage um die entsprechende Auflassung und Bewilligung der Eintragung im Grundbuch.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der T. GmbH, eines Bauträgers (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Die Beklagten schlossen 1994 mit der Insolvenzschuldnerin einen Bauträgervertrag zum Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück und der Errichtung einer Eigentumswohnung nebst Tiefgarage in U.. Für den Grundstückserwerb bestellten die Vertragsparteien eine Auflassungsvormerkung. Die Insolvenzschuldnerin erstellte das Wohnhaus, die Beklagten zahlten von den vereinbarten 414.818 DM (212.093,07 Euro) den größten Teil, höchstens 29.880 DM (15.277,40 Euro) sind noch offen. Das Haus ist unstreitig bezüglich des Gemeinschaftseigentums und bezüglich des Sondereigentums der Beklagten mit erheblichen Sachmängeln behaftet (ein unterbrochener Bauprozess ist anhängig beim LG U.). Deswegen zahlten die Beklagten die letzte Rate nicht, die Insolvenzschuldnerin stimmte einer Auflassung nicht zu. Die Beklagten forderten die Insolvenzschuldnerin zur Mangelbeseitigung auf, setzten eine Frist mit Ablehnungsandrohung, lehnten schließlich die weitere Erfüllung ab und verlangten als großen Schadenersatz die Rückzahlung aller gezahlten Beträge Zug um Zug gegen Rückgabe der inzwischen vermieteten Wohnung. Danach fiel die Insolvenzschuldnerin in Insolvenz, ohne dem Verlangen der Beklagten auf Rückabwicklung zugestimmt zu haben.
Mit Anwaltsschreiben vom 24.7.2002 forderten die Beklagten den Kläger gem. § 103 InsO auf, sein Wahlrecht bezüglich des Sachmängelgewährleistungsrechts der Beklagten auszuüben. Mit Schreiben vom 19.9.2002 teilte der Kläger mit, dass er in keiner Hinsicht die Erfüllung wähle. Danach nahmen die Beklagten von ihrem Rückabwicklungsverlangen Abstand und verlangten die Auflassung.
Der Kläger meint, die Beklagten hätten sich endgültig für die Rückabwicklung entschieden und könnten von ihrem Wahlrecht aus §§ 634 f. BGB a.F. keinen erneuten Gebrauch machen; aus den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes ergebe sich, dass die Beklagten auch gar nichts anderes als Wandelung oder großen Schadenersatz ohne Zustimmung der anderen Eigentümer wählen könnten. Mit der Rückabwicklung sei der Auflassungsanspruch erloschen, weswegen die Beklagten der Löschung der Vormerkung zuzustimmen hätten. Außerdem müssten sie als unberechtigte Fremdbesitzer die erlangten Mieteinnahmen aus der Vergangenheit und in Zukunft an ihn herausgeben.
Das LG hat durch Teilurteil nur über die Klage entschieden und diese abgewiesen; zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagten bis zur Erfüllung des gewählten Gewährleistungsrechts jederzeit ein anderes wählen könnten; die Widerklage sei nicht entscheidungsreif, weil es insoweit auf den Umfang der Baumängel ankomme. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
Gegen dieses Teilurteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, die er im Wesentlichen erneut damit begründet, dass die Beklagten ihr Wahlrecht verloren hätten und im Wege der Rückabwicklung endgültig keinen Anspruch auf Auflassung hätten. Nach Hinweis des Senats, dass in Betracht komme, auch über die Widerklage zu entscheiden, verfolgen die Beklagten jene auch in der Berufungsinstanz.
Der Kläger beantragt, die Beklagten in Abänderung des Teilurteil...