Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen einer Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen bzw. einer Ausschließung eines GmbH-Gesellschafters aus wichtigem Grund.
2. Ein wichtiger Grund zur Abberufung eines der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH liegt bereits in dem Umstand, dass diese untereinander so zerstritten sind, dass eine Zusammenarbeit zwischen ihnen nicht mehr möglich ist, jedenfalls soweit der jeweils Abzuberufende durch sein - nicht notwendigerweise schuldhaftes - Verhalten zu dem Zerwürfnis beigetragen hat, wobei es auf das Verhältnis der jeweiligen Verursachens- und Verschuldensbeiträge zueinander nicht entscheidend ankommt. Diese Maßstäbe gelten auch in der zweigliedrigen GmbH mit zwei Gesellschafter-Geschäftsführern.
3. Zu den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einschlägiger Beschlussanfechtungsklagen.
Normenkette
GmbHG §§ 34, 38
Verfahrensgang
LG Hechingen (Urteil vom 07.02.2012; Aktenzeichen 5 O 77/09 KfH) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Hechingen vom 7.2.2012 - 5 O 77/09 KfH - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beschluss der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 7.9.2009, durch welche die Geschäftsanteile des Klägers an der Beklagten aus wichtigem Grund eingezogen wurden, wird für nichtig erklärt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger ¾, die Beklagte trägt ¼.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung jeweils abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils gegen sie jeweils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit leistet i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungs- und des erstinstanzlichen Verfahrens: Bis 80.000 EUR.
Gründe
A. Der Kläger wendet sich mit seiner Klage dagegen, dass er durch Gesellschafterbeschlüsse vom 7.9.2009 aus wichtigem Grund als Geschäftsführer der Beklagten, der X Verwaltungsgesellschaft mbH, abberufen worden ist und seine Geschäftsanteile an der Beklagten aus wichtigem Grund eingezogen wurden.
Der Kläger und die Beklagten Ziff. 3 bis 9 des vor dem Senat geführten und ebenfalls mit heutigem Tag abgeschlossenen Parallelverfahrens zu 14 U 11/12 sind bzw. waren zum Zeitpunkt der Beschlussfassung Kommanditisten der ... Y GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG), insbesondere der Kläger mit einem Kommanditanteil von 68,755 % sowie die Kommanditistin E. M. mit einem Kommanditanteil von 25,5 %, wobei sich die übrigen Kommanditanteile auf die Beklagten Ziff. 3 bis 6 sowie 8 und 9 des vor dem Senat geführten Parallelverfahrens zu 14 U 11/12 verteilten. Komplementärin ohne Kommanditanteil sowie geschäftsführende Gesellschafterin der KG war und ist die Beklagte. Jedenfalls bis zum 7.9.2009 waren einzelvertretungsberechtigte Gesellschafter der Beklagten Frau E. M. sowie der Kläger.
Nachdem es seit etwa der Jahresmitte bzw. der zweiten Jahreshälfte 2008 zu sich im Laufe der Zeit intensivierenden Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen insbesondere zwischen dem Kläger einerseits sowie andererseits der Mitgeschäftsführerin E. M. und deren Ehemann, dem jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten, dem zumindest bis Januar 2009 von der KG steuerberatendes Mandat erteilt war, gekommen war, wurde am 13.8.2009 eine außerordentlichen Gesellschafterversammlung der KG abgehalten, an der alle Kommanditisten außer dem Kläger, der anwaltlich vertreten war, persönlich teilnahmen, ferner der jetzige Prozessbevollmächtigte der Beklagten. In dieser Gesellschafterversammlung diskutierten die Gesellschafter eingehend über die zwischen den Geschäftsführer-Gesellschaftern, also dem Kläger und Frau M., im Laufe der Zeit aufgetretenen Streitpunkte, wobei sowohl der Ausschluss des Klägers als auch derjenige der Frau M. aus der KG im Raum standen und erörtert wurden. Ohne dass darüber entschieden worden wäre, vertagten sich die Gesellschafter auf den 7.9.2009. In der an diesem Tag durchgeführten außerordentlichen Gesellschafterversammlung der KG, die in der gleichen personellen Zusammensetzung durchgeführt wurde und in der der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Sitzungsleitung und Protokollierung übernahm, fassten die Gesellschafter unter Ausschluss des Klägers vom Stimmrecht wegen Befangenheit mit den Stimmen aller übrigen Gesellschafter insbesondere zu TOP 2 den Beschluss, den Kläger aus wichtigem Grund aus der KG auszuschließen sowie zu TOP 3 den Beschluss, ihm Hausverbot für die Geschäftsräumlichkeiten aufzuerlegen und die Rückgabe diverser Gegenstände aufzugeben.
Im unmittelbaren Anschluss an diese Versammlung und noch am 7.9.2009 fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, an der Frau E. M. und ferner der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, der die Sitzungsleitung und Protokollierung übernahm, teilnahm...