Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 12.01.2021; Aktenzeichen 3 O 207/20) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 12.01.2021, Az. 3 O 207/20, abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 81.152,09 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.05.2020 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Parteien können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
VI. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 95.000,00 EUR.
Gründe
A. Der Kläger nimmt die Beklagte im Wege einer Stufenklage auf Auskunft und Zahlung nach Widerruf eines Rentenversicherungsvertrages in Anspruch.
Unter dem Datum vom 02.12.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Abschluss einer indexbasierten Basisrentenversicherung (Anl. K 1).
Die Beklagte nahm den Antrag an und policierte den Vertrag, der unter der Versicherungsnr. ... geführt wurde, mit Datum vom 14.12.2009 (Versicherungsschein in Anl. K 2). Das Policenbegleitschreiben vom gleichen Tag (Reproduktion in Anl. B 1) enthielt auf der zweiten Seite eine Widerrufsbelehrung.
Mit Schreiben vom 09.03.2020 (Anl. B 4) erklärte der Kläger den Widerruf, den die Beklagte unter dem Datum vom 26.03.2020 zurückwies.
Mit Anwaltsschreiben vom 27.03.2020 machte der Kläger seine Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend, die unter dem Datum vom 20.04.2020 eine Zahlung ablehnte.
Der Kläger, der erstinstanzlich - mit Ausnahme der dort noch begehrten Auskunft zur Art der Kostenverrechnung und eines im Berufungsverfahren zusätzlich gestellten Hilfsantrages - wie im Berufungsverfahren beantragt hat, hat im Wesentlichen vorgetragen,
die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen. Insbesondere fehle es an einer deutlichen Gestaltung der Widerrufsbelehrung und an einer ordnungsgemäßen Belehrung über die Widerrufsfolgen. Darüber hinaus habe die Beklagte die erforderlichen Vertragsinformationen gemäß § 7 Abs. 1 und 2 VVG i.V.m. §§ 1, 2 VVG-InfoV nicht vollständig erteilt. So fehlten z.B. die Angabe einer Antragsbindungsfrist sowie eine Mitteilung über die in die Prämie einkalkulierten Kosten.
Der Kläger, dessen Anspruch nicht verwirkt sei, könne deshalb die Rückabwicklung des Vertrages verlangen, die mangels wirksamer Zustimmung zum Beginn des Versicherungsschutzes vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht gemäß den §§ 9, 152 VVG, sondern gemäß den §§ 357, 346 BGB vorzunehmen sei.
Die Beklagte, die Klageabweisung beantragt hat, hat ausgeführt,
dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Der Kläger sei im Policenbegleitschreiben den gesetzlichen Vorgaben entsprechend über sein Widerrufsrecht belehrt worden. Die Beklagte habe die gemäß § 7 Abs. 1 und 2 VVG erforderlichen Informationen erteilt. Selbst wenn sich einzelne Informationen als intransparent oder unvollständig erweisen würden, begründe dies kein Widerrufsrecht des Klägers. Weiter habe der Kläger seinen Anspruch verwirkt.
Selbst wenn der Kläger den Vertrag wirksam widerrufen habe, stehe ihm kein Anspruch gemäß den §§ 357, 346 BGB zu, sondern ein sich aus den §§ 9, 152 VVG ergebender Zahlungsanspruch.
Hinsichtlich des weiteren Sachvortrags der Parteien in erster Instanz sowie der dort gestellten Anträge wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 12.01.2021 (GA 163 bis 172) die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung sei formal und inhaltlich nicht zu beanstanden. Auch das Fehlen oder die Unvollständigkeit einzelner Informationen gemäß § 7 VVG i. V. m. §§ 1, 2 VVG-InfoV vermöge kein ewiges Widerrufsrecht des Klägers zu begründen.
Hinsichtlich der weiteren Feststellungen, die das Landgericht getroffen hat, sowie seiner rechtlichen Erwägungen wird ergänzend auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er die erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiterverfolgt.
Er hält unter Aufrechterhaltung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags an seiner Auffassung fest, wonach die erteilte Widerrufsbelehrung inhaltlich zu beanstanden und die dem Kläger gemäß § 7 Abs. 1 und 2 VVG erteilte Information nicht vollständig sei.
Der Kläger beantragt ...