Leitsatz (amtlich)

Die Werbung eines Elektro-Fachmarktes "Nur heute, 3.1., Foto- und Videokameras ohne 19 % MWSt" kann durchaus auch so verstanden werden, dass sich der Nachlass nicht nur auf an diesem Tag im Laden vorrätige Kameras bezieht, sondern auch für solche gilt, die an diesem Tag verbindlich zur Beschaffung bestellt werden.

 

Normenkette

UWG §§ 3, 4 Nr. 4

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 16.05.2007; Aktenzeichen 39 O 46/07 KfH)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 10.12.2009; Aktenzeichen I ZR 195/07)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Vorsitzenden der 39. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 16.5.2007 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung, soweit sie zur Unterlassung verurteilt worden ist (Tenor Ziff. 1 des landgerichtlichen Urteils), durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 50.000 EUR, soweit sie zur Auskunftserteilung verurteilt worden ist (Tenor Ziff. 3 des landgerichtlichen Urteils), durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 5.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Soweit sie zur Zahlung verurteilt worden ist (Ziff. 5 des landgerichtlichen Urteils) und hinsichtlich der Kosten darf die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert II. Instanz: bis 65.000 EUR.

 

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet.

A. Die Beklagte warb mit der aus Anlage H&P 1 ersichtlichen Werbeanzeige für einen nur am 3.1.2007 gewährten Preisnachlass für Digital- und Videokameras mit folgenden Aussagen:

"Nur heute 3.1.

Foto- und Videokameras

ohne 19 % Mehrwertsteuer!*",

sowie dem Sternchen-Hinweis:

"Sparen Sie volle 19 % vom Verkaufspreis",

und den am unteren Rand der Anzeige eingefügten Aussagen:

"Über 215× in Deutschland. Alle Preise sind Abholpreise".

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Nachdem sie die Beklagte mit Schreiben vom 22.1.2007 (Anlage H&P 2) erfolglos abgemahnt hatte, erwirkte die Klägerin im Verfahren LG Stuttgart 39 O 13/07 KfH (= OLG Stuttgart 2 U 24/07) die Beschlussverfügung vom 1.2.2007, mit der der Beklagten untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Foto- und Videogeräte in der Werbung mit einem Rabatt zu bewerben, ohne darauf hinzuweisen, dass der Rabatt nur für im Markt vorhandene Foto- und Videogeräte gewährt werde.

Mit Urteil vom 28.3.2007 hat das LG diese Beschlussverfügung bestätigt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 19.7.2007 (WRP 2007, 1115 = GRUR-RR 2007, 361) zurückgewiesen.

Mit seinem nunmehr im vorliegenden Hauptsacheverfahren erlassenen Urteil vom 16.5.2007 hat das LG die Beklagte antragsgemäß im selben Umfang wie seinerzeit in der Beschlussverfügung zur Unterlassung (Tenor Ziff. 1) sowie außerdem zur Auskunftserteilung hinsichtlich Art und Umfang der streitgegenständlichen Werbung (Tenor Ziff. 3) und zum Ersatz von Abmahnkosten i.H.v. 749,95 EUR (Tenor Ziff. 5) verurteilt und darüber hinaus festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der ihr durch die streitgegenständliche Werbung entstanden sei oder noch entstehen werde (Tenor Ziff. 4). Zur Begründung hat das LG ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 4 und 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu, da aus der Werbung nicht hinreichend deutlich werde, dass der Rabatt unstreitig nur für im Markt der Beklagten vorhandene Foto- und Video-Geräte gewährt werde. Dies folge auch nicht aus dem bloßen Hinweis, dass alle Preise "Abholpreise" seien, da sich aus diesem nur ergebe, dass die Ware nicht oder nur zu anderen Konditionen geliefert werde. Entgegen der Auffassung der Beklagten verstehe der durchschnittlich informierte, adäquat aufmerksame und verständige Verbraucher die Werbung auch nicht "automatisch" dahingehend, dass der Rabatt nur für im Geschäft "heute" vorhandene und nicht auch für solche Ware gelte, die erst bestellt werden müsse. Die Werbung könne keineswegs nur im Sinne eines "schnellen Schnäppchens" dahingehend verstanden werden, dass nur an diesem Tag vorrätige Ware mit dem Rabatt gekauft werden könne. Vielmehr sei sie auch auf einen "schnellen Entschluss" zum Kauf eines Gerätes an dem in der Werbung bezeichneten Tag angelegt. Für die Beklagte sei es ein Leichtes, im Kontext ihrer Werbung klarstellend darauf hinzuweisen, dass sich ihr Angebot ausschließlich auf im Markt vorhandene Produktgruppen beziehe. Die Beeinträchtigung sei auch nicht nur unerheblich i.S.v. § 3 UWG. Denn es bestehe die Gefahr, dass die Kunden nach entsprechender Aufklär...

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