Leitsatz (amtlich)

1. § 284 ist auf alle Verträge anzuwenden, nicht nur auf solche mit ideellem Zweck.

2. Der Begriff der Aufwendung in §§ 437 Nr. 3, 284 BGB ist umfassend zu verstehen. Auch Aufwendungen im Hinblick auf die spätere Verwendung einer Kaufsache können vergebliche Aufwendungen i.S.d. § 284 BGB sein.

3. Hat der Käufer bis zur Rückabwicklung Nutzen aus Ausgaben gezogen, die er im Hinblick auf die Verwendung der Kaufsache getätigt hat, so ist dieser Nutzen bei der Feststellung der ersatzfähigen Aufwendungen angemessen zu berücksichtigen.

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 26.03.2004; Aktenzeichen 8 O 540/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 20.07.2005; Aktenzeichen VIII ZR 275/04)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 26.3.2004 (Az.: 8 O 540/03) wird zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung wird das Urteil des LG Stuttgart vom 26.3.2004 (Az.: 8 O 540/03) teilweise wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.323,46 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.7.2003 zu zahlen, sowie die Klägerin von der Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages i.H.v. 13.100 Euro an die ... auf das Darlehenskonto Nr. 6 ... freizustellen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, Fahrzeug-Identifikations-Nr. VSA 6.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Nr. 1 bezeichneten Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet.

I. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Im Übrigen wird die Anschlussberufung zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin 47 %, die Beklagte 53 %. Von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen die Klägerin 15 %, die Beklagte 85 %.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. jeweils 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht die jeweilige Gegenseite zuvor Sicherheit i.H.v. 115 % des von ihr zu vollstreckenden Betrags geleistet hat.

VI. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.632,52 Euro.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Zuge der Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Pkw, den die Klägerin für die gewerbliche Nutzung bei der Beklagten erworben hat, um die Höhe des von der Beklagten zu erstattenden Betrages hinsichtlich der durch die Klägerin auf das Fahrzeug gemachten Aufwendungen, sowie über Verzugszinsen und Annahmeverzug.

Die Beklagte hat den zurückzuerstattenden Kaufpreis abzgl. einer Nutzungsentschädigung, auf deren Berechnungsweise die Parteien sich geeinigt haben, sowie die Freistellung von Darlehensverpflichtungen, die die Klägerin eingegangen ist, anerkannt. Die Klägerin hat auf das Fahrzeug verschiedene Aufwendungen gemacht, die sie zusätzlich als Schaden oder wegen einer Bereicherung der Beklagten ersetzt haben möchte. Hiergegen wendet sich im Wesentlichen die Beklagte.

Wegen des in erster Instanz vorgetragenen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen.

Das LG hat die Beklagte zu einem überwiegenden Teil zur Zahlung verurteilt. Der abgewiesene Teil des bezifferten Anspruchs bezieht sich auf die Höhe der Nutzungsentschädigung, die das LG aus der Summe des Fahrzeugkaufpreises und der Aufwendungen errechnet hat. Mangels Verzugs der Beklagten wurde die Zinsforderung der Klägerin abgewiesen. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs seien ebenfalls nicht gegeben, weshalb auch der entsprechende Feststellungsantrag der Klägerin abgewiesen wurde.

Hinsichtlich der Details der Gründe wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr ursprüngliches Ziel der Klagabweisung eines Teils des ausgeurteilten Rückzahlungsbetrages weiter, soweit er sich auf die von der Klägerin getätigten Aufwendungen auf das Fahrzeug bezieht.

Die Berufung macht geltend, die landgerichtliche Entscheidung sei schon in der Abrechnung falsch und widersprüchlich. Unabhängig davon habe aus den einzelnen Aufwendungspositionen Mehrwertsteuer herausgerechnet werden müssen. Die Klägerin sei vorsteuerabzugsberechtigt.

Aufwendungen seien im Falle eines Rücktritts dann nicht zu ersetzen, wenn sie für den Rückgewährgläubiger ohne Nutzen seien (§ 347 Abs. 2 S. 2 BGB). Auch als Schadensersatz könnten die Aufwendungen nicht zugesprochen werden. Es sei unzutreffend, die Anschaffungen als Schaden zu qualifizieren. Ausgehend von der Rentabilitätsvermutung entspreche der Wert der Aufwendungen dem dafür aufgewandten Kaufpreis. Schadensauslösendes Moment sei der Rücktritt. Der Schaden beschränke sich daher auf den Umfang der Rücktrittsfolgen. Mittels eines Schadensersatzanspruchs könne die erforderliche Bereicherungsprüfung nach § 347 Abs. 2 S. 2 BGB nicht umgangen werden.

Aufwendungsersatz gem. § 284 BGB könne nicht zugesprochen werden, da diese Vorschrift nur auf Aufwendungen im Zusammenhang mit einem nicht ko...

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