Verfahrensgang
LG Rottweil (Urteil vom 07.06.2019; Aktenzeichen 1 O 218/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klagepartei wird das Urteil des Landgerichts Rottweil vom 07.06.2019 - Aktenzeichen 1 O 218/18 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 23.150,54 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2018 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs der Marke Skoda Superb mit der FahrzeugIdentNr. ...
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen rechtsanwaltlichen Gebühren in Höhe von 1.358,86 EUR gegenüber dem Klägervertreter, Rechtsanwalt C.F., R., freizustellen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt die Klagepartei 30 %, die Beklagte 70 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klagepartei 45 %, die Beklagte 55 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klagepartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Klagepartei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
VI. Streitwert für beide Instanzen: Streitwertstufe bis 40.000,00 EUR
Gründe
A. Die Klagepartei begehrt mit ihrer Klage von der Beklagten Schadensersatz aus unerlaubter Handlung im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Pkw, der vom sogenannten "Abgasskandal" betroffen ist.
Die Klagepartei erwarb am 16.09.2013 bei der Fa. A. GmbH den PKW Skoda Superb zum Kaufpreis von brutto 37.011,25 EUR (Anl. K 1). Es handelte sich um ein Neufahrzeug, das bei Übergabe an die Klagepartei einen Kilometerstand von 0 km aufwies. In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor der Typs EA 189 der Emissionsklasse Euro-5 verbaut, den die Beklagte hergestellt hat. Für das Fahrzeugmodell lag zum Zeitpunkt des Erwerbs durch die Klagepartei eine EG-Typgenehmigung nach der Euro-5-Norm vor. Die bei dem Fahrzeug verbaute Motorsteuergerätesoftware wies zwei unterschiedliche Betriebsmodi auf. Im NEFZ schaltete sie in den Modus eins, in dem es zu einer höheren Abgasrückführungsrate und zu einem verminderten Ausstoß von Stickoxiden (NOx) kam. Außerhalb des NEFZ wurde das Fahrzeug im Modus null betrieben, was zu höheren Emissionen führt.
Das Kraftfahrtbundesamt erließ bezüglich der Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug nachträglich Nebenbestimmungen, da es davon ausging, dass die verwendete Motorsteuersoftware eine unzulässige Abschalteinrichtung enthält. Hierauf entwickelte die Beklagte ein Software-Update, das vom Kraftfahrtbundesamt für Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs freigegeben wurde. Die Klagepartei ließ das Software-Update bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug aufspielen (Protokoll LG v. 13.05.19, S. 2; GA II Bl. 168).
Die Klagepartei hat im Wesentlichen vorgetragen, das Verhalten der Beklagten, erfülle den Tatbestand einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB. Die bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Motorsteuersoftware sei eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn von Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007. Die streitgegenständliche Programmierung sei mit Kenntnis der verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Beklagten erfolgt. Im Übrigen müsse sich die Beklagte Wissen ihrer Mitarbeiter zurechnen lassen. Wenn sie von dem Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtung Kenntnis gehabt hätte, so hätte sie das Fahrzeug nicht erworben. Eine Anrechnung von Nutzungsvorteilen komme nicht in Betracht. Zudem seien außergerichtliche Rechtsanwaltskosten zu erstatten.
Die Klagepartei hat erstinstanzlich zuletzt beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 37.011,25 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 01.12.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs der Marke Skoda Superb mit der FahrzeugIdentNr. ...;
Hilfsweise wird beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.103,38 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 01.12.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs der Marke Skoda Superb mit der FahrzeugIdentNr. ...
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs der Marke Skoda Superb mit der FahrzeugIdentNr. ... in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen rechtsanwaltlichen Gebühren in Höhe von 1.590,91 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz se...