Leitsatz (amtlich)
1. Eine Bank, die einerseits durch eine Vereinbarung mit dem Kapitalsuchenden in den Vertrieb einer Fondsbeteiligung eingebunden ist, andererseits ihrem Kunden aufgrund eines Anlageberatungsvertrages eine neutrale und an dessen Interessen ausgerichtete Beratung schuldet, muss dem Kunden die Vergütung offen legen, die sie aufgrund der Vertriebsvereinbarung erwartet.
2. Dies gilt unabhängig davon, ob die Vergütung aus gesondert erhobenen Ausgabeaufschlägen oder aus der Einlage des Anlegers bestritten wird, und ungeachtet der Frage, ob die Einlage über die Bank oder vom Anleger direkt an die Fondsgesellschaft geleistet wird.
Normenkette
BGB §§ 276, 280 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 01.12.2009; Aktenzeichen 8 O 71/09) |
Tenor
1. Die Berufung der Drittwiderbeklagten gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 1.12.2009 wird zurückgewiesen.
2. Die Anschlussberufung des Beklagten wird verworfen.
3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Drittwiderbeklagte 12 %, der Beklagte 88 % zu tragen. Von den Kosten der Streithilfe werden dem Beklagten 88 % auferlegt. Im Übrigen hat sie die Streithelferin zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei oder die Streithelferin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Partei oder die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert:
- Verfahren im ersten Rechtszug: 70.460,33 EUR
- Berufungsverfahren: 123.801,19 EUR [Berufung: 14.643,19 EUR; Anschlussberufung: 109.158 EUR (Ziff. 1: 5.000 EUR, Ziff. 2: 104.158 EUR)]
Gründe
I. Der Rechtsstreit steht in Zusammenhang mit einer Beteiligung des Beklagten an einem Immobilienfonds. In erster Instanz ist der Beklagte von der Bxxx Lxxx als Klägerin erfolgreich auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch genommen worden, das der teilweisen Finanzierung der Beteiligung diente. Der Kläger hat sich mit einer (Dritt-)Widerklage verteidigt, gestützt auf einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung durch die Drittwiderbeklagte. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind nur noch die Ansprüche des Beklagten gegen die Drittwiderbeklagte, nachdem das LG der Widerklage insoweit stattgegeben und die Drittwiderbeklagte dagegen Berufung eingelegt hat.
Der Beklagte beteiligte sich über die Streithelferin als Treuhänderin mit einer Einlage von 400.000 DM an der Lxxx Grundstücks- Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG (nachfolgend Lxxx). Grundlage war die Beitrittserklärung des Beklagten vom 4.12.1998 zu dem Beteiligungsangebot 34, Büro- und Verwaltungsgebäude am Sxxx, Bxxx.
Die Drittwiderbeklagte hatte die Beteiligung an dem Immobilienfonds als steueroptimierte Geldanlage in ihr Angebot aufgenommen und in diesem Zusammenhang mit der Lxxx und deren Vertriebsbeauftragten, der dxxx Fondsmanagement GmbH, am 30.7./4.8.1998 eine Vertriebsvereinbarung getroffen. Aufgrund dieser Vereinbarung erhielt sie im Falle des Beitritts eines von ihr geworbenen Anlegers von der Fondsgesellschaft eine Vergütung i.H.v. 8 % der vom Anleger nicht finanzierten Bareinlage.
Zu den Kosten der Eigenkapitalvermittlung enthält der Prospekt im Wesentlichen folgende Angaben: Auf S. 28 ist ein Investitions- und Finanzierungsplan der Objektgesellschaft und der Fondsgesellschaft abgedruckt, aus dem hervorgeht, dass für die Eigenkapitalvermittlung 7.894.800 DM aufgewendet werden sollten, was 3,58 % des Gesamtinvestitionsvolumens entspreche. Ergänzend wird in der Rubrik "rechtliche Grundlagen" ausgeführt, dass die dxxx Fondsmanagement GmbH und weitere Dritte durch die Fondsgesellschaft mit der Vermittlung des Beteiligungskapitals beauftragt worden seien, wobei sie hierfür Dritte einschalten könnten (S. 58). In der "Übersicht zu den Vertragspartnern" werden als Eigenkapitalvermittler die dxxx Fondsmanagement GmbH und pauschal "weitere Partner" genannt (S. 89).
Der Beitrittserklärung des Beklagten gingen Gespräche mit dem Zeugen Ixxx voraus, einem Mitarbeiter der Drittwiderbeklagten, bei der es sich um die Hausbank des Beklagten handelte. Über die Provision der Drittwiderbeklagten wurde dabei nicht gesprochen. Die Parteien streiten, ob die Drittwiderbeklagte deshalb ihre Pflichten verletzt hat.
Auf die Einlage i.H.v. 400.000 DM zahlte der Beklagte aus eigenen Mitteln 292.400 DM. Der Rest wurde durch anteilige Übernahme eines Darlehens finanziert, das die Mxxx Grundstücks-Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG im Rahmen einer Platzierungsgarantie bei der Bxxx Lxxx aufgenommen hatte. Mit Vertrag vom 4.12.1998 (K1) übernahm der Beklagte von diesem Darlehen einen Teilbetrag von 107.600 DM. In dem Übernahmevertrag ist eine Verzinsung von 6 % p. a. vereinbart, wobei der Zinssatz bis zum 30.4.2008 festgeschrieben wurde. Die Zinsen waren halbjährlich nachschüssig zur Zahlung fä...