Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 18.01.2019; Aktenzeichen 29 O 184/18) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 18.01.2019, Az. 29 O 184/18, abgeändert:
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 bezeichnete Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
5. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
6. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 11.341,90 EUR.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb eines vom so genannten Dieselskandal betroffenen Kraftfahrzeugs in Anspruch.
Der Kläger erwarb am 15.12.2016 bei der Firma Autohaus Hxx GmbH, Rxx, einen Gebrauchtwagen der Marke Axx (Erstzulassung: 09.09.2013) mit einem damaligen Kilometerstand von 132.500 km zu einem Kaufpreis von 15.600,00 EUR (Rechnung in Anl. K 1, GA I 70).
Für das Fahrzeugmodell lag zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens wie zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Kläger eine EG-Typgenehmigung vor. Die Motorsteuergerätesoftware verfügte über eine Fahrzykluserkennung. Diese erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt. Die Software weist zwei unterschiedliche Betriebsmodi auf. Im NEFZ schaltet sie in den Modus 1, in dem es zu einer höheren Abgasrückführungsrate und zu einem verminderten Ausstoß von Stickoxiden (NOx) kommt. Außerhalb des NEFZ wird das Fahrzeug im Modus 0 betrieben.
Das Kraftfahrt-Bundesamt vertrat mit Bescheid vom 15.10.2015 die Ansicht, dass es sich bei der verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Es erlegte der Beklagten auf, die entsprechende Software aus allen Fahrzeugen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge zu ergreifen.
Die Beklagte bietet den betroffenen Fahrzeughaltern ein kostenloses Software-Update an, mit welchem aus ihrer Sicht den Anforderungen des Kraftfahrzeugbundesamtes genügt wird.
Dieses Software-Update wurde am 14.09.2016 auf dem streitgegenständlichen Fahrzeug aufgespielt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 18.01.2019 (GA III 588 bis 603) der Klage in Höhe von 11.341,90 EUR nebst Delikts- und Rechtshängigkeitszinsen sowie außer-gerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR nebst Verzugszinsen stattgegeben und festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs in Verzug befindet. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
In den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB zu. Der Kläger könne deshalb Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streit-gegenständlichen Fahrzeugs verlangen, müsse sich jedoch im Wege der Vorteilsausgleichung die gezogenen Nutzungen, die auf 4.258,10 EUR geschätzt würden, anrechnen lassen. Aus dem verbleibenden Betrag könne der Kläger Zinsen gemäß den §§ 289, 849 BGB beanspruchen. Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs sei zulässig und begründet.
Hinsichtlich der weiteren Feststellungen, die das Landgericht getroffen hat, sowie seiner rechtlichen Erwägungen wird ergänzend auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlich gestellten Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt.
Sie wendet sich gegen die Annahme des Landgerichts, dass dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB zustehe. Der Kläger habe das Fahrzeug mehr als ein Jahr nach Bekanntwerden der sog. Dieselproblematik erworben, weshalb ihm diese zum Zeitpunkt des Erwerbs bekannt gewesen sein müsse. Es fehle deshalb bereits an einem Schädigungsvorsatz und einem sittenwidrigen Handeln der Beklagten. Ungeachtet dessen habe das Landgericht auch zu Unrecht die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gemäß § 826 BGB bejaht. Schließlich habe das Landgericht die anzurechnenden Nutzungen unzutreffend berechnet. Ein Anspruch auf Deliktszinsen gemäß § 849 BGB bestehe nicht.
Die Beklagte beantragt deshalb im Berufungsverfahren,
das am 18.01.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Stuttgart, Az. 29 O 184/18, im Umfang der Beschwer der Beklagten abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise:
Das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Stuttgart, 29 O 184/18, verkündet am 18.01.2019, wird aufgehoben ...