Leitsatz (amtlich)

Zur Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung Die Bevollmächtigung eines Treuhänders, alle Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, die für den "wirtschaftlichen Beitritt" eines Kapitalanlegers zu einem Immobilienfonds erforderlich sind, insbesondere alle zum "wirtschaftlichen Erwerb" und zur Abwicklung der Gesellschaftbeteiligung erforderlichen Verträge abzuschließen, und erforderlichenfalls das Ausscheiden von Gesellschaftern bzw. Treugebern einschließlich des Anlegers zu erklären, verstößt nicht gegen Art. 1 § 1 RBerG.

 

Normenkette

HwiG § 1; RBerG Art. 1 § 1

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 24.06.2008; Aktenzeichen 8 O 47/08)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 24.6.2008 - 8 O 47/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 80.000.00 EUR.

 

Gründe

A.I. Der Kläger begehrt die Rückabwicklung einer kreditfinanzierten Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds "Grundbesitz Wohnbaufonds Bayern GbR".

Der Kläger zeichnete am 15.12.1995 einen "Auftrag und Vollmachten sowie Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrages Grundbesitz Wohnbaufonds Bayern GbR" (Anlage K 4), mit welchem er die ...-Treuhand-Steuerberatungsgesellschaft mbH beauftragte, seinen Beitritt zu dem vorgenannten Fonds zu bewirken. Die Treuhänderin, welche über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte, nahm das Angebot an und beteiligte sich in der Folge im Auftrag des Klägers an der vorgenannten Fondsgesellschaft. Am 22.12.1995 unterzeichnete der Kläger einen Darlehensvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Raiffeisenbank O. eG (K 5). Zur Tilgung der Darlehensforderung schloss er eine Lebensversicherung bei der Transatlantischen Lebensversicherung AG ab. Die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag trat er sicherungshalber an die Raiffeisenbank O. eG ab (K 6).

Mit Schreiben vom 28.10.2004 (K 7) hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Darlehensvertrag wegen Zahlungsverzuges des Klägers gekündigt und den Kläger zur Rückzahlung des Darlehenssaldos zzgl. rückständiger Raten aufgefordert. Mittlerweile hat die Beklagte den Lebensversicherungsvertrag gekündigt und den an sie ausgezahlten Betrag auf den noch offenen Darlehenssaldo verrechnet.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe die Verträge, die der Vermittler H. seiner (des Klägers) zukünftigen Ehefrau R. mitgegeben habe, welche damals ebenfalls als Vermittlerin tätig gewesen sei, zu Hause unterschrieben. Es habe keinerlei Beratung stattgefunden. Der Vermittler H. habe gegenüber seiner späteren Ehefrau nur angegeben, dass es sich bei der Anlage um ein ideales Steuersparmodell handele.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei zu dem Widerruf sämtlicher Erklärungen berechtigt, weil diese von ihm zu Hause unterschrieben worden seien. Sowohl Treuhandauftrag als auch die dazugehörigen Vollmachten seien wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG nichtig. Bei dem Auftrag an die Treuhänderin und dem Darlehensvertrag handele es sich um ein verbundenes Geschäft. Die Beklagte hafte außerdem wegen fehlerhafter Beratung.

II. Mit dem angefochtenen Urteil hat das LG Stuttgart die Klage abgewiesen.

Der Darlehensvertrag sei nicht infolge Widerrufs nach dem Hautürwiderrufsgesetz unwirksam. Der Kläger habe schon eine Haustürsituation nicht ausreichend dargelegt. Unabhängig davon liege kein fristgerechter Widerruf i.S.d. § 1 Abs. 1 HWiG vor. Die Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß.

Auch ein wirksamer Widerruf des Fondsbeitritts des Klägers bzw. der der Treuhänderin erteilten Vollmacht liege nicht vor. Zwar seien der Beitritt zu der Fondsgesellschaft und der Kreditvertrag ein verbundenes Geschäft gem. § 9 VerbKrG. Ein Widerruf der Vollmacht sei jedoch nicht erfolgt. Des Weiteren habe der Kläger auch hinsichtlich der Unterzeichnung des Treuhandauftrags keine Haustürsituation dargelegt. Die Annahme einer Haustürsituation bezüglich der Beitrittserklärung scheide schon deshalb aus, weil dabei auf die Umstände in der Person der Vertreterin abzustellen sei. Abgesehen davon sei das Widerrufsrecht hinsichtlich der Vollmacht zum Fondsbeitritt auch gem. § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG wegen beiderseitiger vollständiger Leistungserbringung erloschen.

Der Kläger könne sich auch nicht auf eine Nichtigkeit des Treuhandauftrages und der dazugehörigen Vollmachten wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz berufen, weil der Schwerpunkt der Tätigkeit der Treuhänderin auf wirtschaftlichem und nicht auf rechtlichem Gebiet gelegen habe.

Die Beklagte hafte auch nicht wegen fehlender Aufklärung über Risiken des Fondsbeitritts. Denn der Kläger habe eine v...

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