Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Mutwille wegen Zuwartens mit Unterhaltsklage
Leitsatz (amtlich)
Eine Unterhaltsklage ist nicht etwa deshalb mutwillig, weil mit der Klageerhebung zugewartet wurde mit der Folge des Entstehens Streitwert erhöhender Unterhaltsrückstände.
Verfahrensgang
AG Speyer (Beschluss vom 26.03.2004; Aktenzeichen 42 F 56/04) |
Tenor
I. Der Beschluss vom 26.3.2004 wird, soweit er nach der Teilabhilfeentscheidung des AG vom 11.6.2004 noch fortbesteht, aufgehoben.
II. Dem Kläger wird für die Klage vom 30.1.2004 insgesamt, somit auch hinsichtlich des Unterhaltsrückstandes, Prozesskostenhilfe zu den Bedingungen des Beschlusses vom 11.6.2004 bewilligt.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insb. die Wertgrenze des § 511 ZPO übersteigende sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet.
Für die Beklagte ist durch einstweilige Anordnung ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt i.H.v. zuletzt 360,04 Euro tituliert. Der Kläger will mit seiner im Februar 2004 eingereichten Klage beantragen festzustellen, dass ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt ab 19.9.2003 (Rechtskraft der Ehescheidung) nicht besteht. In der Teilabhilfeentscheidung hat das FamG Prozesskostenhilfe für die negative Feststellungsklage bewilligt, soweit es um den Unterhaltsanspruch der Beklagten für die Zeit ab Klageeinreichung geht (für einen Streitwert i.H.v. 4320,48 Euro). Im Übrigen hat es den PKH-Antrag des Klägers abgelehnt, weil er dadurch mutwillig einen höheren Streitwert und damit höhere Kosten verursacht habe, dass er mit der Klageerhebung zugewartet habe.
Prozesskostenhilfe kann dem Kläger mit dieser Begründung nicht (teilweise) versagt werden. Ein Zuwarten mit der Klageerhebung kann entgegen der Auffassung des FamG nicht als mutwillig i.S.v. § 114 ZPO angesehen werden.
Der Streitwert einer Klage auf Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht (§ 17 Abs. 1 und 4 GKG) wird zwar erhöht, soweit bei Klageeinreichung fällige Beträge neben laufendem Unterhalt geltend gemacht werden. Dies gilt auch für die negative Feststellungsklage. Der besondere Regelungsgehalt dieser Vorschrift liegt, soweit sie hier Anwendung findet, in Abs. 1 und bezweckt die Beschränkung des Streitwertes von Unterhaltsverlangen für die Zukunft. Soweit Ansprüche bei Klageeinreichung bereits fällig sind, werden diese - ohne weiteres und selbstverständlich - für den Streitwert mit bestimmend. Allgemein gilt, dass bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen mit den vor der gerichtlichen Geltendmachung auflaufenden Rückständen der Streitwert einer Klage steigt. Der Gläubiger eines solchen Anspruchs kann die unterschiedlichsten Gründe haben, mit der gerichtlichen Durchsetzung abzuwarten. Dies muss auch einer bedürftigen Partei ohne Einschränkung gestattet sein, da andernfalls der Zwang zu einer alsbaldigen Klageerhebung entstehen würde. Dementsprechend wird soweit ersichtlich weder in Rechtsprechung noch Literatur vertreten, dass ein Zuwarten mit der Klageerhebung wegen des Entstehens Streitwert erhöhender Unterhaltsrückstände mutwillig sein könnte (vgl. dazu FA-FamR, 4. Aufl., 16. Kap. Rz. 66 ff.; Zimmermann, Prozesskostenhilfe in Familiensachen, 2. Aufl., Rz. 205 ff.; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rz. 449 ff.; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 114 Rz. 40 ff.). Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall der negativen Feststellungsklage.
Nebenentscheidungen für das Beschwerdeverfahren sind nicht erforderlich (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1235042 |
AnwBl 2005, 62 |
FPR 2004, 630 |
NJW-Spezial 2004, 251 |
OLGR-KSZ 2004, 664 |