Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Beschluss vom 26.09.2008; Aktenzeichen 6 O 340/08)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Frankenthal vom 26.9.2008 aufgehoben und festgestellt, dass die Verwendung von Verkehrsdaten der Antragsgegnerin zur Auskunft über die Namen und Adressen derjenigen Anschlussinhaber, denen die aus der Anlage A 1 zur Antragsschrift vom 15.9.2008 ersichtlichen IP-Adressen zu den darin genannten Zeitpunkten zugeordnet waren, zulässig ist.

II. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 4 000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist ein in Österreich ansässiges Unternehmen. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um einen Internet-Provider.

Die Antragstellerin macht geltend, die Verwertungsrechte an dem seit Jahren auf dem Markt erhältlichen Computerprogramm "..." vom Hersteller, einer A. GmbH & Co. KG, erworben zu haben bzw. von diesem Hersteller zur Geltendmachung von Unterlassungs- und Auskunftsansprüchen ermächtigt worden zu sein. Das Unternehmen E., F. und K. GbR hat im Auftrag der Antragstellerin festgestellt, dass am 12.9.2008 verschiedene Internetnutzer unter im Einzelnen in einem vorgelegten Protokoll dieser GbR vom 15.9.2008 (Bl. 16 d.A.) angeführten, über die Antragsgegnerin als Provider zur Verfügung gestellten IP-Adressen eine als "A." bezeichnete Datei über eine sog. Tauschbörse anderen Nutzern zum Herunterladen angeboten und damit öffentlich zugänglich gemacht zu haben. Die angebotene Software ist seit 2002 auf dem Markt erhältlich und hat in der aktuellen Verkaufsversion einen Marktwert von über 400 EUR. Die herunter geladene Version stammt aus dem Jahr 2004.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt, festzustellen, dass die Verwendung von Verkehrsdaten der Antragsgegnerin zur Auskunft über die Namen und Adressen derjenigen Anschlussinhaber, den die aus der Anlage A 1 ersichtlichen IP-Adressen zu den darin genannten Zeitpunkten zugeordnet waren, zulässig ist.

Das LG hat den Antrag mit Beschluss vom 26.9.2008 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es lägen keine Anhaltspunkte für eine urheberrechtliche Verletzung in "gewerblichem Ausmaß" vor.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin "sofortige Beschwerde" eingelegt, mit der sie begehrt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und entsprechend ihrem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.

II.1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§ 101 Abs. 9 Satz 6 UrhG, § 22 FGG).

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

Die Entscheidung des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG, 546 ZPO).

Zutreffend ist das LG von der Statthaftigkeit des Antrags nach § 101 Abs. 9 UrhG ausgegangen. Bei den zur Ermittlung von Namen und Anschriften der jeweiligen Internetnutzer notwendigen dynamischen IP-Adressen handelt es sich um Verkehrsdaten i.S.d. § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG. Nach § 3 Nr. 30 TKG sind Verkehrsdaten solche Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Der Name des Nutzers und seine Anschrift sowie die Tarifoption sind daher Bestandsdaten. Die dynamischen IP-Adressen werden bei der Erbringung der Telekommunikationsleistungen genutzt und sind damit Verkehrsdaten. Diese Verkehrsdaten dürfen nur mit richterlicher Anordnung erhoben werden. Durch die Namensauskunft werden die IP-Adresse mit einer Person und diese somit mit einem konkreten Nutzungsvorgang und -zeitpunkt verknüpft. Die Zuordnung zur dynamischen IP-Adresse ist eine Verwendung der IP-Adresse, durch die Umstände eines Telekommunikationsvorgangs berührt und offenbart werden (vgl. OLG Zweibrücken, GRUR-RR 2009, 12 f. = MMR 2009, 43 ff. = ZUM-RD 2008, 605 ff.; Begr. z. RegE, BT-Drucks. 16/5048, 59 zu § 101 Abs. 2 UrhG; Kitz, NJW 2008, 2374, 2376; Hoeren, NJW 2008, 3099, 3100; LG Darmstadt K&R 2006, 290 ff. = MMR 2006, 330 ff. = GRUR-RR 2006, 173, 174; a.A. LG Offenburg, Beschl. v. 17.4.2008 - 3 Qs 83/07).

Aufgrund der Glaubhaftmachung der Antragstellerin durch Vorlage des Vertragszusatzes vom 23.3.2008 (Anlage K 5, Bl. 14 d.A.) ist auch davon auszugehen, dass diese Inhaberin der Urheberrechte an der in Rede stehenden Software ist.

Der Anordnung steht nicht entgegen, dass die IP-Adressen möglicherweise Internet-Anschlüssen zugeordnet waren, deren Inhaber nicht Selbststörer im Sinne des Urheberrechts sind.

Diese Möglichkeit besteht zunächst im Hinblick auf öffentlich zugängliche Internetanschlüsse. Das Gesetz setzt allerdings lediglich voraus, dass eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegt, und nicht auch, dass diese Rechtsverletzung offensichtlich von einer bestimmten Person begangen worden ist. Das Anliegen des Gesetzgebers würde leerlaufen, wenn die Gestattung der Auskunft aufgrund dieser Möglichkeit, die nie auszuschließen ist, solange die Auskunft nicht erteilt ist, abzulehnen wäre. Schließlich ergeben sich hieraus auch keine verfass...

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