Entscheidungsstichwort (Thema)
Aktienrechtliches Spruchstellenverfahren - Beginn der Antragsfrist
Leitsatz (amtlich)
Im Falle des Delisting beginnt die spruchverfahrensrechtliche Antragsfrist mit der Veröffentlichung des Widerrufs der Zulassung der Wertpapiere zur amtlichen Notierung in mindestens einem (überregionalen) Börsenpflichtblatt.
Verfahrensgang
Tenor
I. Die sofortigen Beschwerden werden zurückgewiesen.
II. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 15) zu tragen.
Deren im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten sind von den Beteiligten zu 1) bis 11) zu erstatten.
III. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens für die Gerichtsgebühren wird auf 228.055,28 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) bis 11) begehren als Aktionäre der Beteiligten zu 15) die Festsetzung einer angemessenen Barabfindung aus Anlass von deren Delisting.
Die Beteiligte zu 15) beantragte mit Schreiben vom 11.5.1999 die Einstellung der amtlichen Notierung der Aktien bei der Bayerischen Börse und der Frankfurter Wertpapierbörse. Die Bayerische Börse widerrief die amtliche Notierung der Aktien mit Bescheid vom 14.12.1999 mit Wirkung zum 30.12.1999. Die Frankfurter Wertpapierbörse widerrief die Zulassung der Aktien mit Bescheid vom 25.11.2002 mit Wirkung zum 25.5.2003. Der Widerrufsbescheid der Frankfurter Wertpapierbörse wurde im Handelsblatt vom 25.11.2002 veröffentlicht.
Mit Schriftsatz vom 23./24.4.2003 beantragte die Beteiligte zu 8) die Festsetzung einer angemessenen Barabfindung durch das Gericht. Dem Antrag haben sich die Beteiligten zu 3), 4) und 11) angeschlossen. Mit Schriftsatz vom 3.9.2003 stellten die Beteiligten zu 10) einen Antrag auf Durchführung eines Spruchverfahrens. Danach folgten die Anträge der Beteiligten zu 5), 6), 7), 12), 1), 2), 13) und 14).
Das LG hat die Anträge mit dem angefochtenen Beschluss als verfristet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 25.11.2002 (BGH v. 25.11.2002 - II ZR 133/01, MDR 2003, 515 = AG 2003, 273 = BGHReport 2003, 434 - Macrotron) seien auch im Falle des Delisting Konflikte zwischen Minderheitsaktionären einerseits und der Gesellschaft und Großaktionär andererseits in analoger Anwendung der Bestimmungen des aktienrechtlichen Spruchverfahrens auszutragen. Nach den hier analog zur Anwendung kommenden Verfahrensbestimmungen der §§ 306, 305 Abs. 5 S. 4, 304 Abs. 4 S. 2 AktG i.d.F. vom 1.1.2003 betrage die Frist zur Einleitung eines Spruchverfahrens zur Festsetzung einer angemessenen Barabfindung der außenstehenden Aktionäre zwei Monate ab dem Tag, an dem der Widerruf der Börsennotierung veröffentlicht worden sei, also dem 25.11.2002; der Antrag vom 23./24.4.2003 und die darauf folgenden Anträge seien damit verspätet.
Dagegen wenden sich die Beteiligten zu 1) bis 11) mit ihren sofortigen Beschwerden. Sie vertreten im Wesentlichen die Auffassung, die Anträge seien nicht verfristet, da für den Beginn der Antragsfrist nicht auf die Veröffentlichung des Widerrufs der Börsennotierung abzustellen sei, sondern auf den in dem Bescheid genannten Zeitpunkt des Eintritts der Wirksamkeit des Widerrufs, hier mit Ablauf des 25.5.2003.
Zudem sei die Veröffentlichung des Widerrufs der Börsenzulassung nicht in dem richtigen "Organ" erfolgt und könne deshalb für den Fristbeginn nicht maßgeblich sein. Die Veröffentlichung hätte in den Gesellschaftsblättern, insb. in dem elektronischen Bundesanzeiger, erfolgen müssen.
Schließlich sei fraglich, ob die §§ 304, 305 AktG auch in Fällen, in denen - wie hier - ein Hauptversammlungsbeschluss nicht vorausgegangen sei, analog angewendet werden könnten.
II. 1. Die sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 1), 3)-7) und 9)-11) sind gem. § 12 SpruchG vom 12.6.2003 (BGBl. I, 383), das nach § 17 Abs. 2 SpruchG auf das Beschwerdeverfahren anzuwenden ist, zulässig.
Insbesondere steht der Zulässigkeit der Beschwerden der Beteiligten zu 1), 3) und 11) nicht entgegen, dass sie nicht innerhalb der Beschwerdefrist begründet wurden; denn besondere Anforderungen an Form und Inhalt bestehen gemäß dem nach § 17 Abs. 1 SpruchG ergänzend anwendbaren § 21 FGG nicht. Es ist weder ein bestimmter Antrag noch eine Begründung erforderlich. Die Beschwerde muss lediglich erkennen lassen, dass eine Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt wird (Klöckner/Frowein, Spruchverfahrensgesetz, § 12 Rz. 8; Keidel/Kuntze/Winkler/Sternal, FGG, 15. Aufl., § 21 Rz. 23).
Soweit die Beteiligten zu 2) und 8) ihre Anteilsinhaberschaft im Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung nur behauptet haben, kann diese hier unterstellt werden, da die sofortigen Beschwerden aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung jedenfalls nicht zum Erfolg führen.
2. Ob das Delisting ggf. wegen Fehlens eines Hauptversammlungsbeschlusses oder eines Pflichtangebotes rechtswidrig war, braucht nicht entschieden zu werden. Diese...