Leitsatz (amtlich)

1. Endet ein Rechtsstreit durch Prozessvergleich, so ist für den Kostenerstattungsanspruch des Streithelfers, der an dem Vergleich nicht beteiligt war, grundsätzlich die zwischen den Hauptparteien im Vergleich getroffene Kostenregelung maßgebend.

2. Dieser Grundsatz ist jedoch im Einzelfall nach Treu und Glauben zu korrigieren, wenn die Hauptparteien mit der im Vergleich getroffenen Kostenregelung zu Lasten des Streithelfers kollusiv zusammenwirken. In diesem Falle kann eine dem Nachgeben des Gegners des Streithelfers entsprechende Kostenverteilung zum Zuge kommen.

 

Normenkette

ZPO §§ 91a, 98, 101; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 2 HK O 280/96)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung über den Kostenantrag der Nebenintervenientin sowie über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Nebenintervenientin ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden und hat in der Sache einen vorläufigen Erfolg.

Die Streithelferin, die am Prozessvergleich der Hauptparteien des Verfahrens vom 4.10.2001 unstreitig nicht beteiligt war und deren Kostenerstattungsanspruch auch nicht vom Vergleich erfasst ist, hat nach § 101 ZPO grundsätzlich Anspruch auf eine gerichtliche Entscheidung über die Kosten der Nebenintervention (vgl. BGH NJW 1961, 460 [461]). Maßgebend für die Höhe des Erstattungsanspruchs des Streithelfers ist nach herrschender Auffassung die Kostenregelung, welche die Hauptparteien zueinander im Vergleich getroffen haben (vgl. z.B. BGH MDR 1967, 392 [393]; OLG Köln JBl./MinBl. 1959, 89; OLG Düsseldorf MDR 1968, 425; OLG Celle NdsRpfl. 1986, 100). Durch diese Regelung ist zugunsten des Streithelfers grundsätzlich sichergestellt, dass den Hauptparteien eine Verfügung über die außergerichtlichen Kosten des Streithelfers zu dessen Lasten entzogen ist (vgl. OLG Düsseldorf MDR 1968, 425; OLG Frankfurt NJW 1972, 1866 [1867]). Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Hauptparteien durch die materielle Regelung in dem Vergleich in nicht hinzunehmender Weise den Kostenerstattungsanspruch des Streithelfers beschneiden oder ganz zunichte machen.

Hiervon geht im vorliegenden Falle die Streithelferin aus. Mit der Beanstandung, die Hauptparteien hätten sich in der Hauptsache auf einen Teilbetrag i.H.v. 800.000 DM in der geltend gemachten Klageforderung i.H.v. zunächst 1,2 Mio. geeinigt, ohne eine Kostenregelung entsprechend den tatsächlichen Anteilen am Obsiegen und Unterliegen zu treffen, außerdem sei der von der Klägerin zu tragende Kostenanteil von 25.000 DM zugunsten des Beklagten von der Hauptforderung im Vergleich abgezogen worden, macht sie geltend, die alleinige Kostenübernahme durch den von ihr unterstützten Beklagten entspreche zu Lasten ihres Kostenerstattungsanspruchs gegen die Klägerin nicht dem materiellen Regelungsgehalt des Vergleiches. Soweit eine solche Kostenregelung der Parteien in kollusivem Zusammenwirken bewusst zu Lasten des Streithelfers erfolgt, bedarf dies bei der Beurteilung des Kostenantrags des Streithelfers einer Korrektur. In der Rechtsprechung wird zum Teil zur Lösung dieser Problematik auf die Regelung in § 91a ZPO zurückgegriffen (vgl. z.B. OLG Saarbrücken Kostenrechtsprechung Nr. 1 zu § 101 ZPO; OLG Celle VersR 1979, 1155; OLG Stuttgart NJW 1974, 2009). Dieser Auffassung vermag der Senat angesichts der klaren gesetzlichen Regelung in §§ 101, 98 ZPO, die im Zweifelsfalle zur Kostenaufhebung führen kann (vgl. OLG Frankfurt NJW 1972, 1866), nicht beizutreten. In Fällen einer unerträglichen Kollusion der Hauptparteien kann vielmehr im Einzelfalle nach dem die gesamte Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben die Maßgeblichkeit der Parteivereinbarung für die Kosten der Streithilfe entfallen und dann eine dem Nachgeben des Gegners des Streithelfers entsprechende Verteilung der Kosten zum Zuge kommen (vgl. OLG Celle NJW 1976, 2171; Stürmer, MDR 1974, 938).

Mit diesen nach der Darstellung der Streithelferin für die Beurteilung ihres Kostenerstattungsanspruchs gegen die Klägerin durchaus erheblichen Gesichtspunkten, auf die bereits vor Erlass des angefochtenen Beschlusses mit Schriftsatz vom 22.10.2001 hingewiesen worden war, hat sich das Erstgericht bei Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht befasst. Dies wird es bei der erneuten Entscheidung nachzuholen zu haben.

Der Senat hält es für zweckmäßig und sachdienlich, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der obigen Ausführungen an das Erstgericht zurückzuverweisen. Ob vorliegend tatsächlich ein unerträglicher Fall der Kollusion der Hauptparteien zu Lasten der Streithelferin gegeben ist, vermag der Senat nach Aktenlage nicht zu beurteilen. Dies kann vielmehr das Erstgericht, auf dessen Vorschlag der Vergleich geschlossen worden ist; Gleiches gilt für die unterschiedlichen Darstellungen der Parte...

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