Normenkette

VVG § 203 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Urteil vom 02.03.2022; Aktenzeichen 3 O 913/20)

 

Nachgehend

OLG Zweibrücken (Beschluss vom 21.11.2022; Aktenzeichen 1 U 55/22)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am ... verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern, Az. 3 O 913/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmig gefassten Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum18.11.2022.

 

Gründe

Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Vorderrichterin hat die Beitragsanpassung zum 01.01.2018 zutreffend für hinreichend begründet sowie eine Beitragsanpassung auch bei einem auslösenden Faktor zwischen 5% und 10% bzw. bei einem nach unten angesprungenen auslösenden Faktor für möglich gehalten. Die Berufungsbegründung gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 - 4 ZPO) liegen vor.

Im einzelnen gilt Folgendes:

1. Die Beitragsanpassungen in den Tarifen KTV6 und K20 sowie im gesetzlichen Zuschlag VORSORGE zum 01.01.2018 sind von der Beklagten hinreichend begründet worden.

a) Gemäß § 203 Abs. 5 VVG wird die Neufestsetzung der Versicherungsprämie mit Beginn des zweiten Monats nach Mitteilung der dafür maßgeblichen Gründe wirksam. Der Versicherungsnehmer kann sich so auf die ihm mitgeteilte Vertragsänderung einstellen und darüber klar werden, ob er innerhalb der zeitgleich ausgestalteten Frist des § 205 Abs. 4 VVG sein Kündigungsrecht ausübt oder die Prämienänderung zum Anlass nimmt, von seinem Tarifwechselrecht nach § 204 VVG Gebrauch zu machen. Mit § 203 Abs. 5 VVG ist demgegenüber nicht bezweckt, dem Versicherungsnehmer zumindest eine Plausibilitätskontrolle der Beitragsanpassung zu ermöglichen, die ihm ohnehin nur in den seltensten Fällen möglich wäre und die im Massengeschäft detaillierte und individualisierte Informationen nur mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand zulasten der Versicherungsgemeinschaft bedingen würde (BGH, Urteil vom 20.10.2021, Az. IV ZR 148/20; BGH, Urteil vom 19.12.2018, Az. IV ZR 255/17; jeweils Juris).

Dem Versicherungsnehmer müssen deshalb nicht alle Umstände der Beitragserhöhung aufgezeigt und erläutert werden (eingehend BGH, Urteil vom 14.11.2021, Az. IV ZR 113/20, Juris). Dem Versicherungsnehmer muss allerdings die konkrete Prämienanpassung zu einem bestimmten Versicherungstarif mitgeteilt werden. Anzugeben ist dabei der Grund der Beitragserhöhung, d.h. die Änderung der Versicherungsleistungen, die Änderung der Sterbewahrscheinlichkeiten oder beider Umstände, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Nur so wird dem Versicherungsnehmer ersichtlich, dass die Beitragserhöhung nicht auf seinem individuellem Verhalten oder einer freien Entscheidung des Versicherers beruht. Nicht ausreichend ist es, dass in Mitteilungsschreiben, zumal noch unter Bezugnahme auf allgemeine Informationen, lediglich darauf hingewiesen wird, dass eine Veränderung einer der beiden genannten Rechnungsgrundlagen eine Prämienanpassung auslösen kann, ohne klar darauf hinzuweisen, welche geänderte Rechnungsgrundlage für die in Rede stehende konkrete Prämienerhöhung maßgeblich war. Ebenso wenig genügt es, wenn der Versicherer allgemeine Erläuterungen zur Finanzierung der privaten Krankenversicherung gibt, die jährliche Prämienüberprüfung ohne Mitteilung des konkreten Ergebnisses der aktuellen Überprüfung beschreibt und/oder grundlegend Kostensteigerungen im Gesundheitswesen in Bezug nimmt, namentlich darauf verweist, dass neue Behandlungsmethoden und Arzneimittel entwickelt wurden, medizinisches Personal verstärkt eingestellt und zunehmend besser bezahlt werde, sich der Versichertenbestand ändere, die Menschen immer älter würden und die Nachfrage nach ärztlichen Leistungen steige. Dies alles ist unzureichend (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21.07.2021, Az. IV ZR 191/20; BGH, Urteil vom 10.03.2021, Az. IV ZR 353/19; jeweils Juris).

Allerdings muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher konkreten Höhe sich die jeweilige Rechnungsgrundlage verändert hat (BGH, Urteil vom 16.12.2020, Az. IV ZR 294/19, Juris) und ob der auslösende Faktor nach oben oder nach unten "angesprungen" ist (BGH, Urteil vom 20.10.2021, Az. IV ZR 148/20, Juris). Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, namentlich des Rechnungszinses oder des Versicherungsbestandes, anzugeben (BGH, Urteil vom 16.12.2020, Az. IV ZR 294/19, Juris). Es genügt, wenn unmissverständlich darauf gewiesen wird, welche geänderte Rechnungsgrundlage für die in Rede stehende konkrete Prämienerhöhung maßgeblich war. Die Mitteilung der "maßgeblichen Gründe" erfordert zudem, dass dem Versicherungsnehmer mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich wird, dass die Veränderu...

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