Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Vorlage durch Rechtspfleger im Abgabestreit
Leitsatz (amtlich)
Eine Vorlage durch den Rechtspfleger stellt nur dann eine genügende Grundlage für die Entscheidung über den Abgabestreit oder ein Verfahren über die Bestimmung des zuständigen Gerichts dar, wenn es sich in der Hauptsache um eine dem Rechtspfleger übertragene Angelegenheit handelt.
Normenkette
FGG § 65a Abs. 1 S. 1, § 46 Abs. 2 S. 1; BGB § 1896
Verfahrensgang
AG Cochem (Aktenzeichen 4 XVII 213/02) |
Tenor
Eine Entscheidung über die Abgabe des Verfahrens wird abgelehnt.
Gründe
Das Pfälzische OLG Zweibrücken ist für die Entscheidung über die Abgabe des Verfahrens gem. §§ 65a Abs. 1 S. 1, 46 Abs. 2 S. 1, 199 Abs. 2 S. 2 FGG, § 4 Abs. 3 Nr. 2a GerOrgG Rheinland-Pfalz zuständig.
Eine Entscheidung über eine Abgabe kann jedoch im vorliegenden Fall nicht ergehen, weil der Rechtspfleger des AG Cochem nicht befugt war, das AG Simmern um die Übernahme des Verfahrens zu ersuchen und den Abgabestreit vorzulegen (BayObLG v. 10.9.1992 - 3Z AR 114/92, BayObLGZ 1992, 268 [269] = MDR 1993, 78 = BayObLGReport 1993, 3; v. 26.11.1992 - 3Z AR 135/92, BayObLGZ 1992, 353 ff. = MDR 1993, 382 = BayObLGReport 1993, 22; OLG Düsseldorf v. 20.5.1997 - 25 Sa 7/97, Rpfleger 1997, 426; Rpfleger 1998, 103; KG Rpfleger 1996, 400; Damrau/Zimmermann, Betreuungsgesetz, § 14 RPflG Rz. 11; Keidel/Kuntze/Winkler/Kayser, FG, 15. Aufl., § 65a Rz. 9; a.A.: OLG Hamm v. 7.10.1993 - 15 Sbd 70/93, OLGZ 1994, 343; OLG Köln v. 27.9.2000 - 16 Wx 136/00, FamRZ 2001, 939; OLG Düsseldorf v. 2.8.1993 - 3 Sa 17/93, Rpfleger 1994, 244). Der in der Rechtsprechung vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Vielmehr ist der Senat mit der wohl h.M. der Auffassung, dass sich aus den Gesetzgebungsmaterialien zu dem Betreuungsgesetz ergibt, dass Richtervorbehalte für bestimmte in den Neuregelungen des FGG vorgesehene Verrichtungen deshalb nicht ausdrücklich aufgenommen worden sind, weil der Gesetzgeber es als selbstverständlich erachtet hat, dass der nach materiellem Recht für die Hauptsacheentscheidung zuständige Funktionsträger auch die verfahrensrechtlichen Nebenentscheidungen zu treffen hat (BT-Drucks. 11/4528, 165). Eine Vorlage durch den Rechtspfleger ist demnach nur dann eine genügende Grundlage für die Entscheidung über einen Abgabestreit oder ein Verfahren über die Bestimmung des zuständigen Gerichts, wenn es sich in der Hauptsache um eine dem Rechtspfleger übertragene Angelegenheit handelt (KG Rpfleger 1996, 400, m.w.N.).
Davon ist für den vorliegenden Fall jedoch nicht auszugehen. Zwar war der Rechtspfleger nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht grundsätzlich auch in Vormundschaft- und Pflegschaftssachen befugt, über die Abgabe bzw. die Übernahme des Verfahrens zu befinden und auch eine Entscheidung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts herbeizuführen (§ 3 Nr. 2a RPflG a.F.). Das galt aber auch schon nach altem Recht nicht für Sachen, die dem Richter vorbehalten waren (BayObLG v. 10.9.1992 - 3Z AR 114/92, BayObLGZ 1992, 268 = MDR 1993, 78 = BayObLGReport 1993, 3; v. 26.11.1992 - 3Z AR 135/92, BayObLGZ 1992, 353 ff. = MDR 1993, 382 = BayObLGReport 1993, 22). Das am 1.1.1992 in Kraft getretene Betreuungsgesetz hat indessen die Übertragung von Geschäften an den Rechtspfleger stark eingeschränkt (BT-Drucks. 11/4528, 163 ff.; BayObLG v. 10.9.1992 - 3Z AR 114/92, BayObLGZ 1992, 268 = MDR 1993, 78 = BayObLGReport 1993, 3; v. 26.11.1992 - 3Z AR 135/92, BayObLGZ 1992, 353 ff. = MDR 1993, 382 = BayObLGReport 1993, 22; Damrau/Zimmermann, Betreuungsgesetz, § 14 RPflG Rz. 2-4). Auf dieser Grundlage ist vom Richter laufend, spätestens bei Ablauf der bei Bestellung des Betreuers bestimmten Frist zu prüfen, ob die Betreuung aufgehoben oder verlängert werden muss (§§ 69 Abs. 1 Nr. 5, 69i Abs. 6 S. 1 FGG, § 1896 BGB, § 14 Abs. 1 Nr. 4 RPflG). Des Weiteren hat der Richter ständig zu überwachen, ob Umstände bekannt geworden sind, die eine Entlassung des Betreuers erfordern (§ 1908b Abs. 1 und 5 BGB, § 14 Abs. 1 Nr. 4 RPflG).
Ausgehend hiervon sind in jeder Betreuungssache laufend auch dem Richter vorbehaltene Angelegenheiten zu erledigen. Deshalb ist dem Richter auch allein die Entscheidung über eine Abgabe, eine Übernahme des Verfahrens oder eine Vorlage an das obere Gericht vorbehalten (BayObLG v. 10.9.1992 - 3Z AR 114/92, BayObLGZ 1992, 268 = MDR 1993, 78 = BayObLGReport 1993, 3; v. 26.11.1992 - 3Z AR 135/92, BayObLGZ 1992, 353 ff. = MDR 1993, 382 = BayObLGReport 1993, 22; KG Rpfleger 1996, 400, m.w.N.; Keidel/Kuntze/Winkler/Kayser, FG, 15. Aufl., § 65a Rz. 9, m.w.N.), obwohl ihm nach § 14 Abs. 1 Nr. 4 RPflG im Zusammenhang mit einer Abgabe des Verfahrens (§ 65a FGG; Art. 9 § 5 Abs. 2 S. 3 BtG) nicht ausdrücklich die Entscheidung vorbehalten ist. Denn nur dadurch ist gewährleistet, dass nicht der Rechtspfleger dem Richter, wenn auch unbewusst, möglicherweise unmittelbar vor einer anstehenden richterlichen Entscheidung die Sache durch eine Abgabe...