Leitsatz (amtlich)
Ein Vollstreckungstitel, wonach Unterhalt unter Anrechnung bereits gezahlter, aber nicht bezifferter Beträge zu zahlen ist (sog. unbestimmte Anrechnungsklausel), ist mangels hinreichender Bestimmtheit der Forderung nicht vollstreckungsfähig.
Normenkette
ZPO §§ 704, 767
Verfahrensgang
AG Neustadt an der Weinstraße (Aktenzeichen 1 F 4/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG – FamG – Neustadt an der Weinstraße vom 30.1.2002 geändert:
Die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des AG – FamG – Speyer vom 21.3.1996, Az. 4a F 186/95, wird hinsichtlich des Unterhalts für die Zeit ab 24.7.2001 für unzulässig erklärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien sind geschiedene Eheleute.
In einem schriftlichen Anwaltsvergleich vom 18.7.1995 verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung nachehelichen Unterhalts an die Beklagte ab 15.3.1995 i.H.v. 800 DM monatlich unter Anrechnung bereits bezahlter Beträge und unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Mit Beschluss vom 21.3.1996 – 4a F 186/95 erklärte das AG Speyer den Vergleich für vollstreckbar.
Im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses betreute die Beklagte den gemeinsamen Sohn B., geboren am 21.10.1991. Durch Beschluss des AG Neustadt vom 24.2.2000 – 1 F 18/00 – wurde der Beklagten die elterliche Sorge für B. gem. § 1666 BGB entzogen und Vormundschaft angeordnet. Das Kind ist spätestens seit Mitte des Jahres 2000 in einem Heim untergebracht.
Der Kläger hat geltend gemacht, infolge der Beendigung der Kindesbetreuung durch die Beklagte sei deren Anspruch auf nachehelichen Unterhalt entfallen. Sie sei verpflichtet und in der Lage, ihren Unterhaltsbedarf durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken. Außerdem führe sie ihrem neuen Partner W.S. den Haushalt.
Der Kläger hat beantragt, den Anwaltsvergleich vom 18.7.1995, vollstreckbar erklärt durch Beschluss des AG Speyer vom 21.3.1996 – 4a F 168/95 –, dahingehend abzuändern, dass der Kläger nicht mehr verpflichtet ist, an die Beklagte Nachscheidungsunterhalt zu zahlen.
Die Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten und hat vorgetragen, sie sei infolge einer schizophrenen Psychose nicht in der Lage, erwerbstätig zu sein. Ab Beendigung der Kindesbetreuung beruhe ihr Unterhaltsanspruch daher auf § 1572 BGB. Sie führe S. nicht den Haushalt. Notwendigste Arbeiten verrichte die Mutter ihres Lebensgefährten.
Das FamG hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Erwerbsfähigkeit der Beklagten die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der weiter vorträgt, das FamG habe verkannt, dass mit dem Sachverständigengutachten lediglich die Erwerbsfähigkeit zum Untersuchungszeitpunkt, nicht aber zum maßgeblichen Einsatzzeitpunkt festgestellt worden sei. Des Weiteren habe das FamG nicht eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB geprüft. Dafür habe Veranlassung bestanden, da die Parteien lediglich 31/4 Jahre miteinander verheiratet gewesen seien. Er selbst sei wieder verheiratet und seine Ehefrau ohne Einkommen. Neben B. sei er zwei weiteren Kindern, J., geboren 11.8.1994, und F., geboren 16.10.1998, unterhaltsverpflichtet. Er verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von rund 4.800 DM und habe Darlehensraten von 150 DM, 167 DM, 250 DM, 420 DM und 1.014,17 DM für die Finanzierung des ihm und seiner Ehefrau gehörenden Hausanwesens zu bedienen.
Die Beklagte lebe nun seit nahezu zwei Jahren mit einem anderen Mann zusammen. Ihre im Termin vom 26.9.2001 erklärte Heiratsabsicht habe sie lediglich im Hinblick auf ihren Unterhaltsanspruch gegen den Kläger nicht verwirklicht. Damit habe die Beklagte ihren Anspruch verwirkt.
Der Kläger, der zunächst einen Abänderungsantrag angekündigt hat, beantragt nunmehr, das angefochtene Urteil zu ändern und die Zwangsvollstreckung aus dem Anwaltsvergleich vom 18.7.1995, vollstreckbar erklärt durch den Beschluss des AG – FamG – Speyer vom 21.3.1996 – 4a F 168./95 – ab Rechtshängigkeit für unzulässig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht noch geltend, aus dem Betreuungsverfahren für die Beklagte ergebe sich, dass ihre Erkrankung bereits bei Beendigung der Kindererziehung vorgelegen habe. Die Entziehung der elterlichen Sorge sei gerade wegen der Erkrankung der Beklagten erfolgt.
Die Voraussetzungen des § 1578 BGB seien wegen der Kindesbetreuung nicht gegeben. Zudem werde der Lebensbedarf durch den gezahlten Unterhalt ohnehin nicht gedeckt.
Die finanziellen Verhältnisse des Klägers seien mit Nichtwissen zu bestreiten. Der Vortrag sei infolge Nachlässigkeit des Klägers nicht bereits in erster Instanz erfolgt und somit verspätet.
Sie lebe mit ihrem neuen Partner erst 11/4 Jahre zusammen. Die Beklagte sei infolge ihrer Krankheit nicht in der Lage, einen Zusammenhang zwischen den Unterhaltszahlungen und deren möglichen Wegfa...