Leitsatz (amtlich)
1. Ein "Übertritt" von Wasser im Sinne von § 37 Abs. 1 LNRG Rheinland-Pfalz liegt auch dann vor, wenn Sickerwasser aus dem Untergrund auf das Nachbargrundstück gelangt; der Nachbar ist daher im Sinne von § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung auch einer derartiger Wasserzuführung nicht verpflichtet.
2. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage wird die Revision zugelassen.
Normenkette
BGB § 1004 Abs. 2; LNRG Rheinland-Pfalz § 37 Abs. 1; ZPO § 543 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Urteil vom 26.10.2012; Aktenzeichen 3 O 62/08) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des LG Kaiserslautern vom 26.10.2012 werden zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei darf die Vollstreckung der anderen Seite gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund dieses Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 20 v.H. leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung des Beklagten zurückgewiesen worden ist.
Gründe
I. Der Kläger hat von dem Beklagten, seinem Nachbarn, verlangt, durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, dass Sickerwasser von dessen Grundstück auf das sog. Gartengrundstück und - mit einer späteren Klageerweiterung - auch auf ein zwischenzeitlich erworbenes Wiesengrundstück des Klägers gelangt; zudem hat der Kläger jeweils die Beseitigung bereits eingetretener Schäden und die Wiederherstellung eines landwirtschaftlich bzw. gärtnerisch nutzbaren Zustandes gefordert. Das LG hat dem Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Gartengrundstücks entsprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Beklagte, soweit er verurteilt worden ist, seinen Klageabweisungsantrag weiter; der Kläger mit der Anschlussberufung seinen Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Wiesengrundstücks. Die Parteien streiten weiterhin im Wesentlichen um den vom Kläger behaupteten Wasserzufluss vom Grundstück des Beklagten und seine Auswirkungen auf die Grundstücke des Klägers; dies nunmehr insbesondere anhand der Würdigung der in 1. Instanz eingeholten verschiedenen Gutachten.
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in O. (Lageplan etwa Bl. 76, Luftbild Bl. 580 d.A.); ihr Verhältnis ist anscheinend auch aus anderen als den hier verfahrensgegenständlichen Gründen seit einiger Zeit getrübt.
Der Beklagte betreibt in der S-straße ... eine Kfz-Werkstatt und hat dazu gegenüber auf der anderen Straßenseite, auf einem aus zwei Flurstücken bestehenden Gelände ab ca. 1987/88 einen Kfz-Abstellplatz mit Halle errichtet. An das Hallengrundstück ungefähr nördlich angrenzend befindet sich das hinter dem Wohnhaus gelegene sog. Gartengrundstück des Klägers; in ungefähr westlicher Richtung das sog. Wiesengrundstück, das der Kläger erst nach Klageerhebung, durch Tauschvertrag vom 17.4.2008 (Bl. 114 d.A.) von dem Landwirt L. erworben hat, den er bereits zuvor als Zeugen benannt hatte.
Das Hallengelände des Beklagten ist seit ungefähr 2003 durch Verbundsteinpflaster, Sand und Schotter teilweise versiegelt; die Halle steht seit ca. 1991. Ein Anschluss an die öffentliche Kanalisation ist nicht vorhanden; eingerichtet ist eine sog. Versickerungsanlage, um deren Wirksamkeit die Parteien streiten. Ebenso streiten sie um die Wirkungen einer im Grenzbereich vom Beklagten hergestellten sog. Aufkantung.
Der Kläger behauptet, durch die bauliche Gestaltung des Beklagten-Grundstücks gelange im erhöhten Umfang Sickerwasser auf seine Grundstücke. Durch den somit erhöhten Grundwasserspiegel werde die landwirtschaftliche bzw. gärtnerische Nutzung wesentlich beeinträchtigt. Der Beklagte bestreitet solche Beeinträchtigungen; sie seien allenfalls auf das natürliche Gefälle zwischen den Grundstücken, auf nicht zuletzt durch die Nähe zu dem Fluss F. hervorgerufenen ohnehin erhöhten Grundwasserstand und auf frühere eigene Wassereinleitung des Klägers zurückzuführen.
Die Parteien streiten auch darüber, ob und ggf. welche geeigneten Maßnahmen dem Beklagten zur Verfügung stehen, um einem Wasserzufluss entgegen zu wirken, und ob solche Maßnahmen dem Beklagten wirtschaftlich zumutbar wären.
Der Kläger hatte den Beklagten mehrfach und vergeblich aufgefordert, den Zufluss von Wasser zu unterbinden, zuletzt durch Schreiben vom 8.6.2006 (Bl. 10 d.A.). Auf Antrag des Klägers vom 1.9.2006 wurde sodann im selbständigen Beweisverfahren des AG A. (2 H 14/06) ein (erstes) Gutachten G. vom Oktober 2007 eingeholt (Bl. 46 ff. dieser Akten). Auf die am 18.2.2008 hinsichtlich des Gartens und am 17.7.2008 hinsichtlich der Wiese erhobene Klage haben die Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des LG Kaiserslautern bzw. ihr Referatsvorgänger den Sohn des Beklagten, Z. A. un...