Verfahrensgang

LG Zweibrücken (Aktenzeichen O 193/14)

 

Tenor

I. Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 27.11.2015 werden zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger 40 % und den Beklagten als Gesamtschuldnern 60 % auferlegt.

III. Das angefochtene Urteil und das vorliegende Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom... in ...

An diesem Tag wollte die Zeugin ... mit dem Pkw des Klägers von der untergeordneten ...nach rechts in die ... einbiegen. Aus Sicht der Zeugin befand sich rechts der Einmündung ein - von der Beklagten zu 1) gelenkter und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherter - Transporter. Das Heck des Fahrzeugs zeigte in Richtung der Zeugin. Als die Beklagte zu 2) mit dem Transporter rückwärts fuhr, kam es zur Kollision mit dem Pkw des Klägers.

Den vom Kläger auf 6.680,89 EUR bezifferten Unfallschaden glich die Beklagte zu 2) nicht aus. Der Einzelrichter der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken hat die Klage auf Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von ... EUR nach der Vernehmung von Zeugen und der Einholung eines Sachverständigengutachtens durch Urteil vom ... auf der Grundlage eines Haftungsanteils der Beklagten von 70 % in Höhe von ... EUR nebst Zinsen und auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von ... EUR zuerkannt und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte zu 1) mit dem Transporter unmittelbar vor dem Unfall vom Fahrbahnrand angefahren sei und beim Rückwärtsfahren gegen ihre erhöhte Sorgfaltspflicht im Sinn des § 9 Abs. 5 StVO verstoßen habe. Die Zeugin ... habe das Vorfahrtsrecht der Beklagten zu 1) im Sinn des § 8 StVO nicht beachtet. Sie sei zum Zeitpunkt der Kollision bereits ca. 50 cm in die ... eingefahren gewesen. Außerdem sei davon auszugehen, dass sich das Fahrzeug des Klägers zum Kollisionszeitpunkt noch in einer leichten Vorwärtsbewegung befunden habe. Wegen der weiteren Feststellungen des Erstrichters und den Einzelheiten seiner rechtlichen Beurteilung wird auf Tatbestand und Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Die Beklagten erstreben mit ihrer Berufung eine Reduzierung des vom Erstrichter zuerkannten Betrags auf ... EUR bei einer hingenommenen Mithaftung von 25 %. Der Kläger, der weiterhin von einer vollen Haftung der Beklagtenseite ausgeht, verfolgt seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter, soweit sie erfolglos geblieben sind.

Der Senat hat die Beklagte zu 1) erneut angehört, die Zeugen ... und ... erneut vernommen und den Sachverständigen ... sein Gutachten zum Unfallhergang mündlich erläutern lassen. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der weiteren Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der Verhandlungen vom ... und ... Bezug genommen.

II. Die Berufungen der Parteien sind unbegründet. Der Erstrichter hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Beklagten dem Kläger für dessen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom ... dem Grunde nach zu 70 % haften. Das führt bei einem der Höhe nach unstreitigen Schaden von ... EUR zu dem zuerkannten Betrag von ... EUR nebst Zinsen und einer Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von ... EUR.

1. Der Ausgangspunkt des Erstrichters, nach dem die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des Unfallschadens des Klägers grundsätzlich von den Umständen, insbesondere davon abhängt, dass die Schäden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist (§ 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG), ist nicht im Streit. Die haftungsausschließende Unabwendbarkeit des Unfalls (§ 17 Abs. 3 Satz 1 StVG) hat keine der Parteien bewiesen (vgl. unten 2.).

Bei der Abwägung nach § 17 Abs. 1 StVG ist zunächst die allgemeine Betriebsgefahr der unfallbeteiligten Kraftfahrzeuge zu berücksichtigen. Diese kann durch besondere Umstände erhöht sein, namentlich durch eine fehlerhafte oder verkehrswidrige Fahrweise der bei dem Betrieb tätigen Personen (vgl. BGH VersR 2000, 1294). Solche Umstände können sich aber auch aus einem zulässigen Fahrverhalten ergeben, wenn insbesondere, die allgemeine Gefahr des Fahrens mit einem Kraftfahrzeug übersteigende Gefahrenmomente vorhanden sind (vgl. BGH VersR 2005, 702). Sie können allerdings nur berücksichtigt werden, wenn sie feststehen, d. h. unstreitig, zugestanden oder nach § 286 ZPO bewiesen sind und wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben, also unfallursächlich geworden sind (vgl. BGH VersR 2005, 945; VersR 2007, 263). Dabei hat jeder Beteiligte die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen oder aus denen er für die nach § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmende Abwägung...

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