Entscheidungsstichwort (Thema)
Treuepflichten des Markenrechtsinhabers ggü. Lizenznehmer
Leitsatz (amtlich)
Dem Inhaber eines Markenrechts obliegt ggü. seinem Lizenznehmer die vertragliche Nebenpflicht, alles zu unterlassen, was diesen in der Ausübung des Lizenzrechts beeinträchtigen könnte. Schränkt er den Schutzbereich der Marke ungerechtfertigt ein, so macht er sich ggü. dem Lizenznehmer schadensersatzpflichtig.
Normenkette
MarkG §§ 30, 48
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 18.06.2002; Aktenzeichen 1 HK O 129/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des LG Frankenthal (Pfalz) vom 18.6.2002 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der ihr jetzt und künftig dadurch entsteht oder bereits entstanden ist, dass die Beklagte den Schutzbereich der an die Klägerin lizenzierten Marke „Br.” eingeschränkt hat.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Erweiterung der österreichischen Marke Nr. …, Wortmarke „Br.” und der internationalen Registrierung Nr. … (Wortmarke Br.), im Verzeichnis der Waren- und/oder Dienstleistungen wie folgt zu beantragen:
Klasse 5:
Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Vitamin-, Mineralstoff- und Kombinationspräparate, insb. zur Nahrungsergänzung
Klasse 32:
Mineralwasser und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 4/7 und die Beklagte 3/7 zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 3.000 Euro und die Beklagte gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 18.000 Euro abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um markenrechtliche Ansprüche der Klägerin als Lizenznehmerin gegen die Beklagte auf Zustimmung zur Prozessführung durch die Klägerin, hilfsweise auf eigene Prozessführung durch die Beklagte, Feststellung und Schadensersatz.
Die Klägerin vertreibt Bio-Gemüse- und Fruchtsäfte unter der Bezeichnung „Br. Naturprodukte” bzw. mit Hinweis „Original Gemüsesaft-Mischung nach R.Br.”, wobei sie zum Teil auch ein Bild des R.Br. verwendet.
R.Br. war ein österreichischer Naturheilkundler. Er verstarb am 17.5.1990. Durch Vereinbarung vom 28.6.1978 hatte er der schweizerischen Firma Bi. AG das ausschließliche Recht erteilt, eine nach der Zusammensetzung näher beschriebene „Br.-Gemüsesaftmischung” zu vertreiben (Bl. 138 d.A.). Die Firma Bi. AG hatte wiederum eine Vereinbarung mit der Klägerin geschlossen, die es der Klägerin gestattete, in Deutschland Gemüsesaft unter der Bezeichnung „Br.-Gemüsesaft” zu vertreiben.
R.Br. wurde von seiner Ehefrau W.Br. allein beerbt. Diese erteilte mit notariell beurkundeter Erklärung vom 31.3.1995 (Bl. 19 d.A.) ihrem Enkel W.M. die unwiderrufliche Erlaubnis, den Namen des verstorbenen R.Br. für die alleinige geschäftliche Nutzung des Namens „Br. (Br.)” i.V.m. dem Vertreib von Gesundheits und Naturprodukten zu verwenden, Dritten zu überlassen, die Marke Br. zur Registrierung anzumelden und im Firmenwortlaut zu verwenden.
W. M. gründete die österreichische Firma Br. Naturprodukte GmbH und übertrug ihr mit Vertrag vom 3.4.1995 (Bl. 141 ff. d.A.) das Recht zur Verwendung des Namens Br. als Bestandteil des Firmennamens „Br. Naturprodukte GmbH”. Weiter räumte er der Gesellschaft das Recht ein, den Namen Br. als Marke im Inland und Europäischen Ausland für Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 30 und 41 registrieren zu lassen und entsprechende Waren zu vertreiben, zu importieren und zu exportieren.
Die Firma Br. Naturprodukte GmbH meldete die Wortmarke Br. für Waren der Klassen 3, 5, 30 und 41 beim Markenregister des Österreichischen Patentamtes an und ließ sie zudem international registrieren (Bl. 154 ff. d.A.).
Am 30.6.1999 kündigte die Bi. AG die Vertriebsvereinbarung mit der Klägerin zum 31.12.1999.
W.M. und die Firma Br. Naturprodukte GmbH schlossen am 26.8.1999 eine Zusatzvereinbarung (Bl. 27 d.A.), nach welcher der Gesellschaft in Änderung einer ursprünglich anderslautenden Vereinbarungen in § I/4 des Lizenzvertrages vom 3.4.1995 das Recht erteilt wurde, die Marke Br. auch i.V.m. Natur/Bio-Gemüsesäften sowie Fruchtsäften, Mischsäften und Wellnessgetränken zu verwenden. Darüber hinaus wurde der Gesellschaft die Verwendung des Namens, der Unterschrift und des Bildes von R.Br. für diese Warengruppe gestattet.
Die Br. Naturprodukte GmbH schloss mit der Klägerin am 1.9.1999 einen Lizenzvertrag (Bl. 158 d.A.), der am 3.9.1999 ...