Verfahrensgang

VG Berlin (Beschluss vom 11.12.2001; Aktenzeichen 19 A 485.01)

 

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. Dezember 2001 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 12.048,59 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung vom 23. November 2001 für die von ihr im Oktober 2001 an der Fassade des Gebäudes O. in Berlin-Mitte angebrachten Werbeanlagen. Ein 14 m × 6 m großes Riesenposter aus Textilgewebe mit der Aufschrift „KAMPA 02 die Wahlkampfzentrale der SPD” verdeckt 10 Fenster des vierten und fünften Obergeschosses des Hauses Nr. 68. Eine 3,80 × 2,70 m große Werbeanlage aus Textilgewebe auf einem Aluminium-Spannrahmen, der über eine handbetriebene Kurbel ausgewechselt werden kann, mit der Aufschrift „Die Kampa 02. Wir haben viel vor SPD”, verdeckt zwei Fenster im ersten Obergeschoss. Zwischen dem Erdgeschoss und dem ersten Obergeschoss sollte nach den Bauvorlagen der Antragstellerin ein 0,20 m × 10 m langes Werbeband aus bedrucktem Kunststoff angebracht werden, das nach den Feststellungen des Antragsgegners und dem vorgelegten Lichtbild 15 m lang ist und damit die gesamte Breite des Hauses Nr. 68 einnimmt. Diese Werbeanlage mit derselben Aufschrift wie auf dem Riesenposter ist von der Beseitigungsanordnung des Antragsgegners nicht erfasst.

Das Grundstück O. liegt im Geltungsbereich der Verordnung über die Erhaltung baulicher Anlagen und der städtebaulichen Eigenart des Gebiets „Spandauer Vorstadt” im Bezirk Mitte von Berlin vom 27. Mai 1993 (GVBl. S. 260) und im Denkmalbereich (Ensemble) „Spandauer Vorstadt” (Denkmalliste Berlin, Stand: 15. Mai 2001, ABl. S. 2261, 2371).

Am 5. Oktober 2001 hatte die Antragstellerin die Erteilung der Baugenehmigung für die Werbeanlagen als temporäre Einrichtung für das SPD-Wahlkampfbüro vom 15. Oktober 2001 bis Ende September 2002 beantragt. Die untere Denkmalschutzbehörde Berlin-Mitte beabsichtigte, wegen des negativen Einflusses des Vorhabens (Standort, Dimensionierung, Farbgebung, Wirkungsweise) auf das geschützte Ensemble „Spandauer Vorstadt” die Genehmigung zu versagen. Nachdem das Landesdenkmalamt dem nicht zustimmte, erteilte die oberste Denkmalschutzbehörde mit Bescheid vom 15. Oktober 2001 der Antragstellerin eine Genehmigung. Dagegen erhob der Antragsgegner bei den Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und für Inneres Einwendungen und erließ am 23. November 2001 nach Anhörung unter Androhung der Ersatzvornahme und Anordnung der sofortigen Vollziehung die Beseitigungsanordnung. Mit weiterem Bescheid Nr. 1295/01 vom 30. November 2001 lehnte der Antragsgegner die Erteilung der Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen die Erhaltungsverordnung sowie wegen einer Ortsbildbeeinträchtigung, Verunstaltung und störenden Häufung, ab; Bedenken wegen ausreichender Belichtung und Belüftung, Brand- und Gesundheitsschutz (Rauchabzug) seien nicht ausgeräumt. Die Antragstellerin legte gegen beide Bescheide Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung, was der Antragsgegner mit Bescheid vom 12. Dezember 2001 ablehnte.

Den am 7. Dezember 2001 eingegangenen Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht Berlin mit dem Beschluss vom 11. Dezember 2001 zurückgewiesen und ausgeführt, bei der hier allein möglichen summarischen Prüfung bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung. Die Anlagen seien genehmigungspflichtig, da hier nicht für die Dauer eines Wahlkampfes im Sinne der Bauordnung geworben werde. Dafür seien Zeiten von etwa ein bis zwei Monaten vor der Wahl anzusetzen. Es handele sich auch nicht um eine genehmigungsfreie Werbung für zeitliche begrenzte Veranstaltungen, wozu Aus- und Schlussverkäufe, Ausstellungen, Märkte, Messen, Volksfeste und Gastspiele gehörten. Es sei bei summarischer Prüfung auch nicht offensichtlich, dass ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung bestehe. Der Tatbestand der Verunstaltung sei erfüllt, da die schon allein wegen ihrer Größe aufdringlichen Werbeplakate die Fassade des Gebäudes zurückdrängten und ihr die Funktion als Träger des Gestaltungswillens des Bauherrn nähmen; dieser habe das Gebäude als Wohn- bzw. Bürogebäude errichtet, dessen Fenster in der Fassadenstruktur als Öffnungen zur Belichtung und Belüftung der Zimmer erkennbar seien. Es bestehe auch ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsverfügung. Die ungenehmigt errichteten Werbeanlagen im öffentlichen Raum würden eine negative Vorbildwirkung entfalten und Werbefirmen zu vergleichbarem bauordnungswidrigen Verhalten veranlassen. Die besondere verfassungsrechtliche Funktion einer Partei im Zusammenhang mit der Bundestagswahl werde nicht dadurch beein...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge