Entscheidungsstichwort (Thema)
Windenergieanlagen und verschiedene Windlagen im Immissionsschutzrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Immissionsmessungen zum Lärm von Windenergieanlagen wird dem Problem unterschiedlicher Windrichtungen und unterschiedlicher Windstärken dadurch Rechnung getragen, dass bei Mitwind (von der Windenergieanlage zum betroffenen Bürger) mit einer standardisierten Windgeschwindigkeit von 10 m/s (frische Brise) gemessen wird.
2. Erfolgt die Immissionsmessung bei Windstärken bis zu 14 m/s (steifer Wind), bleibt sie klar erkennbar auf der sicheren Seite.
Normenkette
BImSchG § 26
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 10.3.2006 – 1 K 15/04 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Mit dem angefochtenen Urteil vom 10.3.2006 – 1 K 15/04 – hat das Verwaltungsgericht die immissionsschutzrechtliche Drittanfechtungsklage des Klägers als Vollerwerbslandwirt abgewiesen, mit der er Lärmschutz gegen den Windpark aus fünf Windenergieanlagen der Beigeladenen begehrt. Das Urteil ist im Wesentlichen auf die Beurteilung der Vorfrage gestützt, dass dem Kläger als Schutzniveau nur der nächtliche Immissionsrichtwert für Dorfgebiete von 45 dB (A) zusteht sowie auf die Entscheidung der Hauptfrage, dass dieser nächtliche Immissionsrichtwert nach der nachvollziehbaren Gutachtenlage auch tatsächlich eingehalten wird. Sowohl die Entscheidung der Vorfrage als auch die der Hauptfrage hat der Kläger mit mehreren Zulassungsrügen angegriffen, die indessen insgesamt keinen Erfolg haben.
I.
Gegenüber der Entscheidung der Vorfrage zum Schutzniveau hat der Kläger die Zulassungsrügen der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sowie der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) erhoben.
Entgegen der Meinung des Klägers unterliegt das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis im Sinne eines Schutzniveaus gemäß einem nächtlichen Immissionsrichtwert von 45 dB (A) keinen ernstlichen Zweifeln. Rechtsgrundlage ist das Schutzprinzip des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG insoweit in der Bekanntmachung vom 26.9.2002 (BGBl. I S. 3830) i.V.m. Nr. 6.1 TA Lärm vom 26.8.1998 zur Festsetzung der Immissionsrichtwerte.
Mehrere vom Kläger im Zulassungsverfahren vorgebrachte Einwände verfehlen bereits diese normative Grundlage. Soweit sich der Kläger auf eine günstigere Regelung des Schutzniveaus in dem von ihm in vollem Umfang angefochtenen Genehmigungsbescheid vom 19.12.2002 beruft – was zur Begründung eines vollständigen Aufhebungsanspruchs nicht einleuchtet – liegt eine solche günstigere Bescheidregelung in Wirklichkeit nicht vor. Auf Seite 3 des Genehmigungsbescheides wird der in der Nachtzeit einzuhaltende Immissionsrichtwert für Wohngebiete auf 40 dB (A) festgelegt, dagegen für näher genannte Anwesen und eine Gaststätte auf 45 dB (A). Der Landwirtschaftsbetrieb des Klägers wird weder ausdrücklich noch sinngemäß genannt, sodass es allein auf die wirkliche Rechtslage ankommt. Noch weniger kann es auf die frühere gegebenenfalls einhellige Rechtsmeinung der Beteiligten über ein höheres Schutzniveau ankommen, da sie sich nicht gegenüber der wirklichen Rechtslage durchsetzt. Darüber hinaus sind die im zusammenfassenden Schriftsatz des Klägers vom 24.4.2007 dargestellten neuesten Planungsabsichten der Gemeinde aus dem Jahr 2007 rechtlich bereits deshalb irrelevant, weil es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei immissionsschutzrechtlichen Drittanfechtungsklagen auf die Rechts- und Sachlage im Zeitpunkt der Genehmigung beziehungsweise des Widerspruchsbescheides – hier vom 26.1.2004 – ankommt
BVerwG, Beschluss vom 11.1.1991 – 7 B 102.90 –, UPR 1991, 235.
Ausgehend von dem maßgebenden Zeitpunkt besteht unstreitig ein Flächennutzungsplan, der die nähere Umgebung des Anwesens des Klägers als allgemeines Wohngebiet (WA) im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO darstellt. Indessen enthält der Flächennutzungsplan als bloß vorbereitender Bauleitplan nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB rechtlich allein eine Darstellung der sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebenden Bodennutzung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB), die im Gegensatz zu den rechtsverbindlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BauGB mangels Normqualität nicht aus sich heraus unmittelbare Rechtswirkung gegenüber Dritten entfaltet. Unstreitig existiert für das hier einschlägige Gebiet kein Bebauungsplan. Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm verweist allein auf die Festlegung der Bebauungspläne. Fehlt es wie hier an solchen rechtsverbindlichen Festsetzungen, sind Gebiete und Einrichtungen entsprechend ihrer faktischen Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. In seiner tatsächlichen Beurteilung geht das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil (S....