Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsfiktion nach § 14 a Abs. 2 AsylVfG
Leitsatz (amtlich)
1. § 14 a Abs. 2 AsylVfG ist auch auf vor dem 1.1.2005 in Deutschland geborene Kinder anzuwenden.
2. Eine Ablehnung des Asylbegehrens als „offensichtlich” unbegründet, die auf § 30 Abs. 1 AsylVfG gestützt ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
AsylVfG § 14a Abs. 2, § 30 Abs. 1
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Urteil vom 27.10.2005; Aktenzeichen 6 K 117/05.A) |
Tenor
Unter Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. Oktober 2005 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 6 K 117/05.A – wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die am … 2004 in der Bundesrepublik Deutschland geborene Klägerin ist algerische Staatsangehörige berberischer Volkszugehörigkeit. Die Asylanträge ihrer Eltern wurden am 11.10.2001 bzw. 14.2.2002 rechtskräftig negativ abgeschlossen. Mit Bescheid vom 7.6.2005 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den aufgrund einer Antragsfiktion nach § 14 a Abs. 2 AsylVfG als gestellt erachteten Antrag der Klägerin auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß § 30 Abs. 1 AsylVfG als offensichtlich unbegründet ab. Zugleich wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG offensichtlich nicht und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen.
Auf die dagegen erhobene Klage hob das Verwaltungsgericht mit dem im Tenor genannten Urteil den Bescheid vom 7.6.2005 auf. Begründet wurde dies damit, dass die Klägerin keinen rechtswirksamen Asylantrag gestellt habe und ein solcher auch nicht aufgrund der mit Wirkung vom 1.1.2005 durch das Zuwanderungsgesetz eingeführten Regelung in § 14 a Abs. 2 AsylVfG als gestellt angesehen (fingiert) werden könne. § 14 a Abs. 2 AsylVfG sei nämlich auf die am 4.12.2004 geborene Klägerin nicht anwendbar, da diese Bestimmung nur für die ab dem 1.1.2005 in das Bundesgebiet eingereisten oder hier geborenen Kinder anwendbar sei.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 8.3.2006 – 1 Q 79/05 – die Berufung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG zugelassen, weil der – zum damaligen Zeitpunkt – in der Rechtsprechung umstrittene Anwendungsbereich des § 14 a Abs. 2 AsylVfG grundsätzlicher Klärung bedürfe. Der Klägerin wurde zugleich Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für das Verfahren in zweiter Instanz bewilligt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.
Der Senat hat den Beteiligten mit Schreiben vom 21.3.2007 mitgeteilt, dass er die Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte (§ 130 a VwGO). Zugleich hat er ihnen Gelegenheit gegeben, sich bis zum 25.4.2007 zu äußern. Hiervon hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 25.4.2007 Gebrauch gemacht.
Entscheidungsgründe
II.
Der Senat hält die Berufung der Beklagten auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 25.4.2007 einstimmig für begründet und macht daher nach Anhörung der Beteiligten von der durch § 130 a VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch, der Berufung durch Beschluss stattzugeben.
Entgegen der Ansicht der Klägerin bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass das Bundesamt mit dem angegriffenen Bescheid vom 7.6.2005 den nach § 14 a Abs. 2 AsylVfG als gestellt geltenden Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte als „offensichtlich unbegründet” abgelehnt und festgestellt hat, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG „offensichtlich nicht” und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen.
Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
vgl. u.a. Urteile vom 21.11.2006 – 1 C 5.06 – und – 1 C 10.06 –, beide dokumentiert bei Juris,
ist die zum Zeitpunkt der Zulassung der Berufung durch den Senat umstrittene zeitliche Geltung des zum 1.1.2005 neu eingefügten § 14 a Abs. 2 AsylVfG dahingehend geklärt, dass diese Vorschrift in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beklagten auch auf vor dem 1.1.2005 in Deutschland geborene Kinder, mithin auch auf die Klägerin anzuwenden ist.
Die Klägerin kann im Weiteren nicht damit durchdringen, dass sich ihr Anfechtungsantrag hilfsweise darauf beziehen soll, dass das Bundesamt den nach § 14 a Abs. 2 AsylVfG fingierten Antrag auf Asyl- und Flüchtlingsschutz in Nr. 1 und Nr. 2 des angefochtenen Bescheids als „offensichtlich” und nicht nur als (einfach) unbegründet abgelehnt hat.
Die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet” im Bescheid vom 7.6.2005 ist nicht zu beanstanden. Sie ist, wie der Gesamtzusammenhang der Bescheidsbegründung zweifelsfrei erschließt, eindeutig auf die ausdrücklich als einschlägig herangezogene Regelung des § 30 Abs. 1 AsylVfG gestützt. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag offensichtlich unbegrün...