Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss der „nachgeheirateten Witwe” vom Witwengeld, auch beim vormaligen Bestehen einer langen eheähnlichen Gemeinschaft mit dem verstorbenen Beamten
Leitsatz (amtlich)
Der Ausschluss einer „nachgeheirateten Witwe” vom Witwengeld ist mit höherrangigem Recht, insbesondere Art. 3 und Art. 6 GG auch dann vereinbar, wenn der verstorbene Beamte und seine Witwe bereits während der aktiven Dienstzeit des Beamten in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt haben.
Normenkette
GG Art. 3, 6; VwGO § 124 Abs. 2; BBG § 123 Abs. 1 S. 2, § 125 Abs. 1; BeamtVG § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der Beratung vom 15. April 2008 ohne mündliche Verhandlung ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 3 K 1070/07 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 12.336,96 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes ist zulässig, aber unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat die auf Gewährung von Witwengeld gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Klägerin nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG ein Anspruch auf Witwengeld nicht zustehe, und unter auszugsweiser Wiedergabe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieser Norm (BVerwG, Urteil vom 03.03.2000 – 2 B 6/00 –, Buchholz 239.1 § 19 BeamtVG Nr. 1) ausgeführt, dass § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Art. 3 und 6 GG vereinbar sei. Dem ist zuzustimmen.
Das den Prüfungsumfang im Zulassungsverfahren begrenzende Vorbringen im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 20.06.2008 gibt keine Veranlassung, das erstinstanzliche Urteil einer Überprüfung in einem Berufungsverfahren zuzuführen. Denn es zeigt weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) auf.
Die Klägerin stützt ihren Zulassungsantrag maßgeblich darauf, dass sich ihr Fall entscheidend von der Konstellation unterscheide, die der im Urteil des Verwaltungsgerichts zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.03.2000 zugrunde lag, da sie bereits seit 1979 mit ihrem späteren Ehemann (Eheschließung 03.12.1999) in eheähnlicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt und diesen seit Mai 2003 bis zu seinem Tode am 09.04.2007 vollumfänglich gepflegt und versorgt habe. Auf eine solche Fallgestaltung sei § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG nicht zugeschnitten. Jedenfalls dürfe die Vorschrift bei verfassungskonformer Auslegung auf eine solche Konstellation keine Anwendung finden. Dem kann nicht gefolgt werden.
In der Rechtsprechung ist seit langem anerkannt, dass der Ausschlusstatbestand des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG etwa auch dann Anwendung findet, wenn ein Beamter, dessen Ehe geschieden ist, nach seinem Eintritt in den Ruhestand und nach Vollendung seines 65. Lebensjahres seine frühere Ehefrau wieder heiratet. Nach seinem Tod steht seiner Witwe ungeachtet der Ehejahre während seiner aktiven Dienstzeit ein durch die erneute Eheschließung begründeter Anspruch auf Witwengeld nicht zu (BVerwG, Urteil vom 13.10.1971 – VI C 57.56 –, BVerwGE 38, 346, zu der Vorgängervorschrift des § 123 Abs. 1 Satz 2 BBG (a.F.)). Die Anwendung des besagten Ausschlusstatbestandes auf die erneute Eheschließung mit der früheren Ehefrau entspricht – so das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 16.07.1964 – II C 88.62 –, Buchholz 232 § 123 BBG Nr. 3) – dem Sinn und Zweck der Norm. Die (Vorgänger-)Vorschrift des § 123 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BBG (a.F.) enthalte weder die Vermutung einer „Versorgungsehe” noch – wie Nr. 1 der Norm – die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, eine solche Vermutung zu widerlegen. Gerade das letztere zeige, dass Nr. 2 nicht – wie Nr. 1 – auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer „Versorgungsehe” abstelle. Die Vorschrift diene vielmehr einem anderen Zweck; sie solle nämlich verhindern, dass die Versorgungslast, die der Dienstherr für seine aktiven Beamten und deren Angehörige übernimmt, unangemessen dadurch erhöht werde, dass der schon im Ruhestand befindliche Beamte durch eine nach Beendigung des aktiven Dienstes vorgenommene Eheschließung einen späteren Anspruch auf Witwengeld für die sogenannte „nachgeheiratete Witwe” begründet. Eine solche zusätzliche Versorgungslast könnte sonst, besonders bei einer jungen „nachgeheirateten” Witwe, recht erheblich sein und das Maß der dem Beamten aufgrund seines Dienstverhältnisses billigerweise zustehenden Versorgung überschreiten. Sie solle deshalb ausgeschlossen oder doch – w...