Entscheidungsstichwort (Thema)

Wasserrecht. ermessensfehlerfreier Widerruf eines alten Wasserrechts wegen dreijähriger Nichtausübung aufgrund des bestehenden öffentlichen Interesses an der freien Verfügbarkeit des Wassers

 

Leitsatz (amtlich)

Das durch § 15 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 WHG eröffnete Ermessen, ein altes Wasserrecht wegen dreijähriger ununterbrochener Nichtausübung ohne Entschädigung zu widerrufen, ist mit Blick auf das öffentliche Interesse an der freien Verfügbarkeit des Wassers für die Allgemeinheit in dem Sinne intendiert, dass der Widerruf erfolgt, sofern nicht atypische Umstände vorliegen.

 

Normenkette

VwGO § 124 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 124a Abs. 5 S. 2; SVwVfG § 39 Abs. 1 S. 3, § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2; WHG § 12 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2, § 15 Abs. 4 S. 2 Nr. 1, § 18 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Alt. 1, § 20 Abs. 1; SWG § 21

 

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 5 K 611/09 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Mit Bescheid vom 4.6.2009 widerrief der Beklagte das zugunsten der Klägerin, die bis zum 31.12.2002 eine Brauerei betrieb, im Wasserbuch unter B 54 eingetragene “alte, nicht auf besonderem Titel beruhende Recht, aus einem 70 m tiefen Bohrbrunnen … Grundwasser bis zu 30 m3/Stunde zur Kühlwasserversorgung zutage zu fördern”. Dieses Recht war am 2.6.1966 um die widerrufliche Befugnis ergänzt worden, weitere 20 m3 Grundwasser/Stunde zu Kühlwasser- und Produktionszwecken zutage zu fördern, wobei gleichzeitig die Gesamtmenge des geförderten Grundwassers auf 250.000 m3/Jahr beschränkt wurde. Mit Bescheid vom 4.5.1995 wurde der Bescheid vom 2.6.1966 aufgehoben und die aufgrund des alten Rechts erlaubte Grundwasserfördermenge auf 100.000 m3/Jahr festgelegt.

Dem Widerruf vorausgegangen war eine Anfrage der Klägerin, ob mit der Einstellung des Brauereibetriebes das Wasserentnahmerecht untergegangen sei oder auf unbestimmte Zeit fortbestehe, und die wiederholte Ankündigung des Landesamtes für Umwelt- und Arbeitsschutz, es werde dem Beklagten den Widerruf des Wasserrechts wegen Nichtausübung vorschlagen; die Klägerin möge sich zu dieser Absicht äußern, was nicht geschah. Der Widerruf wurde mit einem Hinweis auf § 15 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 WHG begründet.

Die dagegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 12.5.2010 abgewiesen: Die Voraussetzungen des verfassungsrechtlich unbedenklichen § 15 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 WHG für einen entschädigungslosen Widerruf eines alten Wasserrechts seien erfüllt, weil das der Klägerin zustehende Recht mehr als drei Jahre ununterbrochen nicht ausgeübt worden sei. Die Ermessensbetätigung, der eine ordnungsgemäße Anhörung zugrunde liege, könne rechtlich nicht beanstandet werden, obwohl sie nicht näher begründet worden sei, denn der behördliche Standpunkt in dieser Sache sei der Klägerin aus der Vorkorrespondenz bekannt gewesen. Unter den gegebenen Umständen – seit mehr als nunmehr sechs Jahren werde wegen Einstellung des Brauereibetriebs kein Grundwasser mehr zutage gefördert – genüge die Absicht der Wasserbehörde, die allgemeine öffentlich-rechtliche Benutzungsordnung für das Grundwasser wiederherzustellen, für einen ermessensfehlerfreien Widerruf des privaten Wasserrechts. Für das Bestehen einer ausnahmsweise beachtlichen gegenteiligen Interessenlage der Klägerin sei nichts ersichtlich und auch nichts vorgetragen.

Dieses Urteil ist der Klägerin am 26.5.2010 zugestellt worden. Sie hat am 24.6.2010 um die Zulassung der Berufung nachgesucht und diesen Antrag mit am 26.7.2010 eingegangenem Schriftsatz näher begründet.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Entgegen der Ansicht der Klägerin begründet das, was sie in ihrem Schriftsatz vom 26.7.2010 vorgebracht hat und vom Senat allein zu prüfen ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), ohne dass für diese Feststellung eine rechtlich und/oder tatsächlich besonders schwierige Frage beantwortet werden muss (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Mit den Rügen der Klägerin werden nämlich keine gewichtigen Gesichtspunkte aufgezeigt, die nach summarischer Prüfung dafür sprechen, das Verwaltungsgericht habe falsch entschieden

zum Verständnis des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 124 Rdnr. 7.

a) Die Klägerin vertritt – wie schon erstinstanzlich – die Ansicht, das widerrufene Recht sei im Verständnis des § 15 Abs. 1 WHG – seit dem 1.3.2010 sachgleich: § 20 Abs. 1 WHG Fassung 2009 – in Verbindung mit den §§ 142 ff. SWG kein altes, sondern ein unter der Geltung des Wasserhaushaltsgesetzes, nämlich erstmals am 4.5.1995 erteiltes und damit im Rechtssinne neues Recht, weshalb die auf alte Rechte beschränkte Widerruf...

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