1 Leitsatz

Der Besitzer eines Stellplatzes ist auch ohne eigene konkrete Nutzungsabsicht berechtigt, sofort ein Abschleppunternehmen zur Entfernung eines widerrechtlich abgestellten Autos zu beauftragen.

2 Normenkette

§§ 683, 670, 823, 858 BGB

3 Das Problem

Unbefugtes Parken auf einem fremden Stellplatz stellt rechtlich eine Besitzstörung dar. Der berechtigte Besitzer des Parkplatzes (Eigentümer oder Mieter) ist daher berechtigt, auf Kosten des Störers ein Abschleppunternehmen mit der Beseitigung des Fahrzeugs zu beauftragen.

4 Die Entscheidung

In dem vom LG München I entschiedenen Fall war das unberechtigt abgestellte Fahrzeug beim Eintreffen des Abschleppunternehmens bereits weggefahren. Trotzdem verurteilte das Gericht den Störer zum Ersatz der ortsüblichen Kosten einer Leerfahrt des Abschleppunternehmens. Das Gericht weist unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 5.6.2009, V ZR 144/08) darauf hin, dass ein unbefugt auf einem fremden Grundstück abgestelltes Fahrzeug auch ohne konkrete Behinderung entfernt werden darf. Auf eine konkrete Nutzungsabsicht des Stellplatzes kommt es daher nicht an.

Ferner besteht auch keine Wartepflicht bis zum Rufen des Abschleppunternehmens, da es das Risiko des Besitzstörers ist, dass der Berechtigte sogleich ein Abschleppunternehmen beauftragt; insbesondere dann, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass das Fahrzeug demnächst wieder entfernt werden wird.

Auch einer Güterabwägung wie etwa bei Notwehr bedarf es hierbei nicht. Es kommt grundsätzlich nur darauf an, dass der Gegenseite keine unverhältnismäßig großen Nachteile zugefügt werden, die durch die Wahl anderer, ebenso zur Abwehr geeigneter Maßnahmen hätten vermieden werden können.

Dass der berechtigte Inhaber des Stellplatzes in anderer, insbesondere kostengünstigerer Weise von seinem Selbsthilferecht hätte Gebrauch machen können, war in dem vom LG München I entschiedenen Fall weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Störer war daher zur Erstattung der ortsüblichen Kosten einer Leerfahrt verpflichtet. Inkassokosten, Vorbereitungskosten oder eine Verwaltungspauschale gehören jedoch nicht dazu.

5 Entscheidung

LG München I, Urteil v. 23.6.2022, 31 S 10277/19

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