Grundsätzlich handelt es sich bei dem Abfallen von Laub, Nadeln und Zapfen um sog. ähnliche Einwirkungen im Sinne des § 906 BGB. Die von § 906 BGB erfassten Einwirkungen stimmen darin überein, dass sie in ihrer Ausbreitung weithin unkontrollierbar und unbeherrschbar sind, in ihrer Intensität schwanken und damit andere Grundstücke überhaupt nicht, unwesentlich oder wesentlich beeinträchtigen können. Dies trifft auch auf das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen zu. Auch Störungen, wie das Abfallen von Nadeln, die durch Naturereignisse ausgelöst werden, können dem Eigentümer zurechenbar sein. Unerheblich ist dabei, ob der Baum, Strauch oder die Pflanze, von der die Immission ausgeht, auf natürlichem Wege angewachsen ist oder von dem Grundstückseigentümer angepflanzt worden ist. Regelmäßig wird es sich aber um unwesentliche und daher hinzunehmende Beeinträchtigungen handeln, wenn nicht besondere Umstände vorliegen.
"Laubrente"
Wesentliche Beeinträchtigungen durch Blüten-, Blätter- und Laubbefall können im Übrigen ortsüblich sein, wenn eine solche Bepflanzung von Gartengrundstücken dem Charakter der Gegend entspricht. In der Regel werden daher Abwehransprüche oder Entschädigungsansprüche auf Zahlung einer sog. "Laubrente" wegen Laubfall, Blüten- oder Samenflug von Bäumen und Sträuchern verneint, weil derartige pflanzliche Immissionen in aller Regel keine unzumutbare Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB darstellen.
Andere Auffassungen haben das LG Wiesbaden, das OLG Karlsruhe und das LG Lübeck vertreten. Aber selbst die (diese Gegenmeinung vertretende) Rechtsprechung ist nur zu geringen Entschädigungsleistungen gekommen, sodass man sich zu Recht fragt, ob sich eine gerichtliche Auseinandersetzung überhaupt lohnt: Das LG Wiesbaden hat 100 DM für 13 Stunden jährlichen Arbeitsaufwand zuerkannt, das OLG Karlsruhe pauschal 300 DM jährlich und das LG Lübeck 500 DM bei 31 Stunden Arbeitsaufwand im Jahr.
Ausschlaggebend für die ablehnende Haltung der herrschenden Rechtsprechung ist, dass es sich bei den pflanzlichen Immissionen um jahreszeitlich bedingte und beschränkte Einwirkungen handelt, für deren Beseitigung ein relativ geringer Zeit- und Arbeitsaufwand erforderlich ist. Solche Einwirkungen seien regelmäßig hinzunehmen, wenn nicht besondere Umstände hinzukommen.
Grenzabstand nicht eingehalten
Eine Ausnahme gilt aber, wenn der Nachbar, der von dem Eigentümer von Bäumen, die den landesrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, deren Beseitigung oder Zurückschneiden nicht mehr verlangen kann, weil die in dem Landesnachbarrecht vorgesehenen Ausschlussfristen abgelaufen sind. In diesem Fall kann ein Nachbar – ausnahmsweise – für den erhöhten Reinigungsaufwand infolge des Abfallens von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen dieser Bäume ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zustehen. Eine wesentliche Beeinträchtigung kann laut BGH in diesem Sinne dann vorliegen, wenn das von den Bäumen abfallende Laub dazu führt, dass die Dachrinnen und die Abläufe an dem Haus des gestörten Nachbarn häufiger als sonst gereinigt werden müssen. Der BGH stellt in dieser Entscheidung auch klar, dass es grundsätzlich keinen Unterschied macht, ob der Laubabfall von Bäumen erfolgt, die den Grenzabstand verletzen oder ob diese Bäume den Grenzabstand einhalten. Entschädigungsansprüche kommen aber regelmäßig nur ausnahmsweise in Betracht und vor allem dann, wenn der betroffene Nachbar Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen. Wenn diese Voraussetzungen ausnahmsweise vorliegen, besteht aber kein vollumfänglicher Schadensersatzanspruch, sondern der Ausgleichsanspruch beschränkt sich auf die Beseitigung der durch die Störung eingetretenen Vermögenseinbuße. Der betroffene Nachbar kann daher höchstens den Betrag erhalten, den er für die zusätzliche Reinigung durch ein Unternehmen aufwenden musste.