2.2.1 Grundsatz
Grundsätzlich – so der BGH – ist das Streuen "in angemessener Zeit zu wiederholen". Dies richtig zu entscheiden, kann für den Hausbesitzer ausgesprochen schwierig sein:
- Einerseits braucht während nachhaltigen, dauernden Schneefalls oder fortdauernden eisbildenden Regens nicht gestreut zu werden, wenn dies wirkungslos und daher sinnlos wäre.
- Andererseits kann bei dauerndem Schneefall abhängig von den Umständen eine Pflicht zur wiederholten Räum- und Streupflicht im Laufe des Tages bestehen.
- Ebenso erfordern außergewöhnliche Glätteverhältnisse ein besonders intensives Streuen auch im Hinblick auf die zeitliche Folge. Insoweit genügt es, dass das Streugut überhaupt etwas gegen die Gefahr des Ausgleitens bewirkt, mag seine abstumpfende Wirkung auch durch weitere Eisbildung abgeschwächt werden.
- Wenn tagsüber eine solche Zahl von Passanten über den gefallenen Schnee gegangen ist, dass dieser durch Festtreten glatt geworden ist, darf mit dem (erneuten) Streuen nicht zugewartet werden.
- Im Voralpenland ist bei langanhaltenden Schneefällen auch tagsüber keine permanente Schnee- und Eisfreiheit vom Vermieter geschuldet. Er muss nicht in einem Intervall von weniger als 3 Stunden die Wege abstreuen (lassen).
2.2.2 Extremwetterlagen
Jedenfalls hat der Streupflichtige die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer extremen Wettersituation, in der das Streugut alsbald durch überfrierende Nässe wieder von einer Eisschicht überzogen wird und deshalb auch wiederholtes Streuen nutzlos ist.
Doch wann ist das (Nach-)Streuen sinnlos und damit entbehrlich? Hier bestehen durchaus unterschiedliche Auffassungen:
- Herrscht bei Minustemperaturen Sprühregen leichter bis mäßiger Intensität, kann nach einer Entscheidung des OLG Saarbrücken nicht von einer Zwecklosigkeit des Streuens ausgegangen werden.
- Nach Meinung des OLG Hamm ist bei einer Schneehöhe von 1–3 cm das Aufbringen von Streugut nicht zwecklos.
- Anders das OLG Oldenburg: Die Streupflicht kann entfallen, wenn bei gefrierendem Regen ein Abstreuen wenig sinnvoll erscheint und deshalb unzumutbar ist. Auch kann keine fortlaufende Beseitigung bloßer Tropfeisbildung verlangt werden. Ähnlich das LG Bochum: Wurde nach nächtlichem Schneefall morgens intensiv geräumt und gestreut, so kann auch bei tagsüber andauerndem Schneefall mit zwischenzeitlichen Schneepausen keine kontinuierliche Fortsetzung der Schneeräumung verlangt werden; grundsätzlich reicht es jedenfalls aus, wenn mittags nachgeräumt und -gestreut wird.
Der Streupflichtige muss für den seltenen Fall einer außergewöhnlichen Glättebildung – wie etwa bei Eisregen – kein zusätzliches Personal vorhalten, sondern lediglich die vorhandenen personellen Ressourcen zielgerichtet und planvoll einsetzen, um der Glättebildung, so gut wie möglich, entgegenzuwirken.
2.2.3 Beweislast
Grundsatz
Demgegenüber hat der Verletzte eines Glatteisunfalls die Existenz eines verkehrssicherungspflichtwidrig bestehenden Zustands darzulegen und zu beweisen. Dafür reicht der Nachweis eines Glättezustands im Bereich des Streupflichtigen aus. Allerdings setzt die Streu- und Räumpflicht eine allgemeine Glättebildung und nicht nur das Vorhandensein vereinzelter Glättestellen voraus.
Extremwetter
Behauptet der Streupflichtige seinerseits, die das Stürzen des Verletzten auslösende Glätte sei infolge von Umständen aufgetreten, die ein Streuen zwecklos gemacht hätten, so muss er beweisen, dass die besonderen Umstände vorlagen und bis kurz vor dem Unfall angedauert haben bzw. dass er in dieser Situation auf die Glätte rechtzeitig reagiert hat.
Dies gilt beispielsweise für das Vorliegen einer extremen Wettersituation, in der das Streugut alsbald durch überfrierende Nässe wieder von einer Eisschicht überzogen wird und deshalb auch wiederholtes Streuen nutzlos ist. Die erforderlichen Daten liefert etwa der Deutsche Wetterdienst.
Anscheinsbeweis
Beweiserleichterungen kommen dem Geschädigten nicht ohne Weiteres zugute: Allein die Tatsache, dass jemand bei Glätte gestürzt ist, begründet n...