5.3.1 Eindeutige Vereinbarung
Der Eigentümer und Vermieter ist befugt, die Räum- und Streupflicht auf die Mieter eines Mehrfamilienhauses zu übertragen. Voraussetzung für eine wirksame Delegation ist allerdings eine klare und eindeutige Vereinbarung, die eine Ausschaltung von Gefahren zuverlässig sicherstellt. Das bloße Aufstellen und Einwerfen eines sog. "Schneeräumplans" in die Briefkästen der Mieter reicht insoweit nicht aus. Auch die Regelung in einer Bestandteil des Mietervertrags gewordenen Hausordnung, wonach (nur) den Erdgeschossmietern die Durchführung des Winterdienstes obliegt, ist rechtlich bedenklich.
Die Übertragung der Verkehrssicherungspflicht kann jedoch durch die Übergabe einer "Schneekarte" mit entsprechender schriftlicher Vereinbarung im jeweiligen Mietvertrag geschehen. Das Schneekartensystem ist ein von der Rechtsprechung anerkanntes Mittel, die Streupflicht in hinreichend organisierter und deren Ausführung ausreichend sichernden Art und Weise zu übertragen. Es stellt sicher, dass die Zuständigkeit klar und eindeutig geregelt ist und die Mieter um ihre Verpflichtung wissen.
5.3.2 Werkvertragsrecht?
Die oben geschilderten Grundsätze über das anwendbare Werkvertragsrecht sind auf Mietverträge mit Winterdienstverpflichtung nur bedingt übertragbar. Schon die unterschiedlichen Vertragsvarianten (Entgelt-, Mietnachlass- oder Turnusmodell) erfordern eine spezielle Betrachtung. Je nach Gestaltung kommt etwa eine Minderung nicht in Betracht. Mit der Heranziehung des Werkvertragsrechts lässt sich ferner die Streitfrage nicht lösen, ob der zum Winterdienst verpflichtete Mieter auch auf eigene Kosten Geräte und Streugut beschaffen muss.
5.3.3 Haftung der Mieter
Die Haftung eines Mieters für die Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht hängt wesentlich davon ab, ob die Aufgaben zwischen den Mietern klar verteilt sind.
Mieterhaftung
Der Vermieter eines Mehrfamilienhauses hat die Räum- und Streupflichten des Winterdienstes in den Mietverträgen auf die Mietparteien als Gemeinschaft übertragen und selbst keine Regelungen zur Aufteilung der Pflichten getroffen. An einem Februarmorgen war einer der Mieter auf dem (flach gestuften) Weg zwischen Hauseingangstür und Grundstücksgrenze bei Eisglätte gestürzt. Er nahm eine Mitmieterin auf Schadensersatz in Anspruch. Doch die Klage wurde auch in 2. Instanz abgewiesen.
Das OLG Naumburg befand: Obliegt mehreren Mietern eines Mehrfamilienhauses die gemeinschaftliche Pflicht zur Durchführung des Winterdienstes und erleidet einer der Mieter auf dem bei Eisglätte nicht gestreuten bzw. sonst abgestumpften Privatweg auf dem Grundstück einen Unfall, kommt ein Schadensersatzanspruch unter den Mitverpflichteten nicht in Betracht. Etwas anderes gilt dann, wenn die Gemeinschaft eine klare Aufgabenteilung, z. B. durch Aufstellung eines Winterdienstplans, aufgestellt hat. Denn der Geschädigte wäre dann als Mitverpflichteter aufgrund der ihm selbst (mit)obliegenden Sicherungspflicht nicht in den Schutzbereich der (daneben auch) den anderen Mietern obliegenden Verkehrssicherungspflicht einbezogen.
Der sicherungspflichtige Mieter muss für seine Urlaubsabwesenheit oder ähnlichen zeitlich begrenzten Verhinderungen eine zuverlässige Ersatzkraft auswählen; dann braucht er aus der Abwesenheit heraus aber auch keine weitere Kontrolltätigkeit zu entfalten.