Alexander C. Blankenstein
3.1 Grundsätze
Neben den Rechten und Pflichten des § 27 Abs. 1 WEG obliegen dem Verwalter sämtliche Pflichten, die mit der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums verbunden sind. Diese können auch nicht nach § 27 Abs. 2 WEG beschränkt oder erweitert werden, da sich diese Vorschrift ausschließlich auf die Rechte und Pflichten des Verwalters nach § 27 Abs. 1 WEG bezieht. Vereinzelt besteht hier aber Beschlusskompetenz zur Beschlussfassung über einen anderen Verpflichteten, wie etwa in § 24 Abs. 5 WEG bezüglich des Vorsitzes in der Eigentümerversammlung. Selbstverständlich können ihm bestimmte Befugnisse durch Vereinbarung genommen werden, was allerdings nicht von Praxisrelevanz ist.
3.2 Erhaltungsmaßnahmen
Den Verwalter treffen grundsätzlich Überwachungs-, Kontroll- und Hinweispflichten. Die Pflicht des Verwalters erstreckt sich insbesondere darauf, Mängel und Schäden am Gemeinschaftseigentum zu ermitteln sowie nach Ursache und Umfang festzustellen, was Kontrollaufgaben mit umfasst. Verletzt er diese Pflicht schuldhaft, macht er sich schadensersatzpflichtig. Der Verwalter hat dieser Pflicht durch regelmäßiges Begehen der Wohnanlage nachzukommen. Abhängig vom Alter der jeweiligen Anlage sollte die Begehung zweimal jährlich erfolgen und dokumentiert werden.
Auf Grundlage eines Begehungsprotokolls und der Ergebnisse einer ergänzenden Kontrolle bestimmter Bereiche des Gemeinschaftseigentums durch Fachunternehmen, sollte hinsichtlich des ermittelten Erhaltungsbedarfs eine Prioritätenliste erarbeitet und die Wohnungseigentümer entsprechend informiert werden. Die Entscheidung über das "Ob" und "Wie" erforderlicher Maßnahmen der Erhaltung obliegt den Wohnungseigentümern und nicht dem Verwalter, soweit es sich nicht mehr um solche von untergeordneter Bedeutung handelt. Im Rahmen der Erhaltung hat der Verwalter die Wohnungseigentümer zunächst umfassend aufzuklären und die verschiedenen Handlungsoptionen aufzuzeigen. Die Wohnungseigentümer verfügen nämlich meist nicht über technisches Fachwissen, ihnen sind auch nicht sämtliche baulichen und rechtlichen Verhältnisse des Gemeinschaftseigentums bekannt. Kardinalpflicht des Verwalters ist dabei die Aufklärung der Wohnungseigentümer über mögliche Gewährleistungsansprüche und insbesondere über eine drohende Verjährung dieser Ansprüche.
Im Übrigen sollte sich der Verwalter mit Blick auf den Zustand der Wohnungseigentumsanlage auch nicht auf "Hörensagen" verlassen, sondern sich stets selbst ein Bild von den Gegebenheiten vor Ort machen.
Angeblich verschwundene Feuchtigkeitsschäden
Nach einem starken Unwetter mit erheblichen Regenfällen meldet die Mieterin der (vermietenden) Wohnungseigentümerin der Dachgeschosswohnung eindringende Feuchtigkeit. Bei dem Dach handelt es sich um ein Flachdach. Die Wohnungseigentümerin bittet den Verwalter um Abhilfe. Dieser beauftragt ein Fachunternehmen. Dieses will am nächsten Tag einen Termin mit der Mieterin zwecks Begutachtung und Abhilfemaßnahmen abstimmen. Die Mieterin teilt dem Mitarbeiter telefonisch mit, es sei wieder alles trocken und verlässt für einige Tage die Wohnung. Das Unternehmen unterrichtet den Verwalter entsprechend. Noch in Abwesenheit der Mieterin meldet sich der Wohnungseigentümer unter der vermieteten Wohnung und beklagt Feuchtigkeitsschäden.
Der Verwalter konnte erfolgreich auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, weil er es unterlassen hat, sich ein Bild vom Zustand der Wohnanlage zu machen. Es hätte sich ihm aufdrängen müssen, dass infolge des Starkregens auftretende Feuchtigkeitsschäden wahrscheinlich sind, insbesondere weil es sich bei dem Dach um ein Flachdach handelt. Wie sich im Zuge der Instandsetzungsarbeiten herausstellte, stand das Dach auch noch Tage nach dem Unwetter unter Wasser.
Hat der Verwalter Anhaltspunkte dafür, dass ein Mangel am Gemeinschaftseigentum entgegen einer Erklärung des Bauträgers nicht beseitigt ist, muss er die Wohnungseigentümer hierüber unterrichten und auf einen sachgerechten Beschluss über das weitere Vorgehen hinwirken.
Vor der Beschlussfassung über Erhaltungsmaßnahmen muss freilich der konkrete Bedarf geklärt sein. Es muss also sowohl der Schadensumfang als auch dessen Ursache geklärt sein. Abhängig von der Höhe der Gutachterkosten, kann dem Verwalter eine schuldhafte Pflichtverletzung zum Vorwurf gemacht werden, wenn er nicht vor Beschlussfassung über die Einholung eines Sachverständigengutachtens über Schäden am Gebäude Vergleichsangebote einholt und der Eigentümerversammlung vorlegt.
Insbesondere bei Feuchteerscheinungen wie Flecken- oder Schimmelbildung ist zu klären, welche Ursache diese Erscheinungen haben. Treten sie im Bereich des Sondereigentums auf, ist ein Nutzungsfehlverhalten des betreffenden Wohnungseigentümers zwar nicht auszuschließen. Dennoch ist der Verwalter verpflichtet, unverzüglich Maßnahmen der Ursachenklärung einzuleiten, da die Ursache der Feuchteerscheinungen auch in mängelbehaftetem Gemeinschafseigentum liegen kann. Leitet der Verwalter nicht unverzüglich Maßnahme...