3.1 Überblick
Die GdWE kann von einem Wohnungseigentümer unter bestimmten Voraussetzungen verlangen, dass er sein Wohnungseigentum veräußert (Veräußerungsverlangen).
3.2 Voraussetzungen
Voraussetzung für ein Entziehungsverlangen ist nach § 17 Abs. 1 WEG, dass sich ein Wohnungseigentümer einer so schweren Verletzung der ihm gegenüber anderen Wohnungseigentümern oder der GdWE obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht hat, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann. Was eine schwere Verletzung ist, sagt § 17 Abs. 1 WEG nicht. Allerdings benennt § 17 Abs. 2 WEG ein Regelbeispiel.
Bei der Entscheidung der Frage, ob eine Pflichtverletzung schwer ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und die Interessen der Beteiligten insgesamt gegeneinander abzuwägen. Es ist zu berücksichtigen, dass die Entziehung des Wohnungseigentums angesichts des besonderen verfassungsrechtlichen Schutzes von Eigentumsrechten nur als letztes Mittel dienen kann, wenn mildere Maßnahmen, wie beispielsweise klärende Gespräche oder eine Abmahnung des Störers, keinen Erfolg gebracht haben.
Haushalts- oder Familienangehörige bzw. Mieter
Ein Entziehungsgrund kann aus der Sphäre des Auszuschließenden kommen, kann aber auch durch Haushalts- oder Familienangehörige bzw. Mieter verursacht worden sein. Da ein Wohnungseigentümer für seine Mieter einzustehen hat, kann auch ein intolerables Fehlverhalten von Mietern, das der betreffende Wohnungseigentümer nicht unterbinden kann oder will (z. B. Trinkgelage zwischen Mieter und Untermieter trotz wiederholter polizeilicher Einsätze) einen Entziehungsanspruch begründen. Bei Fehlverhalten Dritter kann ein eigenes Fehlverhalten des Wohnungseigentümers auch darin liegen, dass er gravierende Störungen, z. B. des Hausfriedens, hinnimmt und keine Schritte gegen den Dritten einleitet. Die Verletzung muss einem anderen Wohnungseigentümer, dessen Haushalts- oder Familienangehörigen bzw. Mietern gelten.
3.2.1 Verstöße gegen die Pflichten aus § 14 Abs. 1, Abs. 2 WEG
Nach § 17 Abs. 2 WEG ist ein Veräußerungsverlangen insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der Wohnungseigentümer trotz Abmahnung wiederholt gröblich gegen die ihm nach § 14 Abs. 1, Abs. 2 WEG obliegenden Pflichten verstößt. Infrage kommt die konkrete Ausgestaltung einer Vermietung eines Wohnungseigentums an Feriengäste oder der Fall, dass derjenige, der ein Wohnungseigentum infolge einer Entziehungsklage erworben hat, dem Wohnungseigentümer, dem das Wohnungseigentum nicht lediglich wegen Zahlungsverzugs entzogen worden ist, den Besitz am Sondereigentum belässt. Das gilt unabhängig davon, ob der Ersteher das Sondereigentum an den früheren Wohnungseigentümer vermietet oder mit diesem eine sonstige Nutzungsvereinbarung schließt.
3 Pflichtverletzungen
Der Wohnungseigentümer muss insgesamt 3 schwere Pflichtverletzungen begangen haben, und zwar mindestens eine vor und 2 nach der Abmahnung, wobei sich die einzelnen Pflichtverstöße aber nach Art und Ausmaß unterscheiden können.
3.2.2 Generalklausel
Ist kein Regelbeispiel erfüllt, ist zu untersuchen, ob eine schwere Verletzung im Übrigen vorliegt. Der Wortlaut des § 17 Abs. 1 WEG lässt erkennen, dass nur besonders schwere Pflichtverstöße eine Eigentumsentziehung rechtfertigen können.
Schwere Pflichtverstöße
Dazu gehören insbesondere
- die fortlaufend unpünktliche Erfüllung von Hausgeld- und/oder anderen Zahlungsansprüchen,
- schwere, fortdauernde Beleidigungen,
- Tätlichkeiten oder Straftaten gegen die übrigen Wohnungseigentümer (z. B. Einbrüche in fremde Keller und Sachbeschädigungen), aber auch die Androhung oder Durchführung von Straftaten, Gewalttätigkeiten,
- Verschmutzungen oder Fäkalgerüche.
Ausübung von Eigentümerrechten
Die Ausübung von Eigentümerrechten stellt grundsätzlich keinen Pflichtverstoß dar. Anders liegt es, wenn die Wahrnehmung der Rechte missbräuchlich erfolgt, mithin, wenn sie ausschließlich einem wohnungseigentumsfremden oder -feindlichen Ziel dient, z. B. der Herbeiführung eines verwalterlosen Zustands, und nach Intensität und Umfang ihrer Instrumentalisierung für solche Ziele den übrigen Wohnungseigentümern nicht mehr zuzumuten ist.
Die unzumutbare Beeinträchtigung muss im Zeitpunkt der Geltendmachung des Entziehungsanspruchs grundsätzlich noch vorliegen, es muss eine Wiederholungsgefahr bestehen.
Wohnungseigentümer als Verwalter
Ist ein Wohnungseigentümer zugleich Verwalter, so können in Ausübung des Amtes begangene Pflichtverletzungen wegen der daraus folgenden Störung des Vertrauensverhältnisses ebenfalls eine Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertigen.