Der störende Wohnungseigentümer muss vor einem Entziehungsbeschluss abgemahnt werden. Diese Abmahnung ist eine formfreie rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, die ein Organ der GdWE – i. d. R. die Verwaltung – aussprechen muss. Ferner ist ein Abmahnbeschluss möglich und zulässig.
Ausdrücklich ist eine Abmahnung zwar nur in § 17 Abs. 2 WEG für den Fall geregelt, dass der Entziehungsgrund aus einer gröblichen Verletzung der Pflichten nach § 14 WEG hergeleitet werden soll. Darüber hinausgehend ist eine Abmahnung analog § 543 Abs. 3, § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB aber auch dann erforderlich, wenn die Entziehung auf § 17 Abs. 1 WEG gestützt wird, ohne dass ein Regelbeispiel gem. § 17 Abs. 2 WEG vorliegt. Grund hierfür ist die einschneidende Wirkung der Entziehungsklage, die mit Blick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nur letztes Mittel sein kann.
Zugang und Kenntnisnahme
Eine Abmahnung ist nur beachtlich, wenn sie dem Abzumahnenden zugegangen ist und dieser in der Lage ist, vom Inhalt der Abmahnung Kenntnis zu nehmen. Dieser Zugang muss beweisbar sein. Als preisgünstige Alternative besteht die Möglichkeit, das Schreiben per Boten persönlich zuzustellen. In diesem Fall sollte der Bote, nachdem er den Inhalt zur Kenntnis genommen hat, den Brief persönlich übergeben oder in den Briefkasten des Empfängers werfen und die Zustellung auf der Kopie der Abmahnung vermerken. Wird mündlich abgemahnt, sollte dies unter Zeugen erfolgen. Über den Abmahnungsvorgang kann eine Aktennotiz angelegt werden, die vom Zeugen unterschrieben werden kann.
Inhalt
Die Abmahnung soll einerseits den Wohnungseigentümer warnen und ihm Gelegenheit zur Änderung seines Verhaltens geben, andererseits den übrigen Wohnungseigentümern eine sichere Entscheidungsgrundlage für den Entziehungsbeschluss verschaffen. Sie muss das beanstandete Fehlverhalten dokumentieren und den Abgemahnten darauf hinweisen, dass dieses Verhalten nicht mehr länger toleriert wird. Ferner muss sie darüber informieren, was zu tun ist, um eine Entziehung zu vermeiden. Die Abmahnung muss deshalb das Fehlverhalten, das dem Abgemahnten zum Vorwurf gemacht wird, konkret bezeichnen und somit hinreichend bestimmt sein. Sie soll dem Wohnungseigentümer das als Entziehungsgrund beanstandete Fehlverhalten vor Augen führen, verbunden mit der Aufforderung, das Verhalten zur Vermeidung eines Entziehungsbeschlusses aufzugeben oder zu ändern.
Diese Anforderungen an die Bestimmtheit der Abmahnung sind unabhängig davon, ob diese in Form eines Beschlusses oder in Form eines Schreibens des Verwalters oder eines Wohnungseigentümers erfolgt.
Geht es um den Missbrauch der Rechtswahrnehmung, ist es erforderlich, aber auch ausreichend, wenn der abgemahnte Wohnungseigentümer der Abmahnung den gegen ihn erhobenen Missbrauchsvorwurf in seinem Wesenskern entnehmen und erkennen kann, an welcher Ausprägung seiner Rechtswahrnehmung dieser Vorwurf festgemacht wird. Das lässt sich auch und unter Umständen sogar noch besser durch die Benennung eines oder mehrerer aussagekräftiger Beispielsfälle erreichen. Soll dem Wohnungseigentümer beispielsweise vorgehalten werden, dass er seine Eigentümerrechte missbraucht, darf sich die Abmahnung nicht auf die Beschreibung seines Antrags-, Abstimmungs- oder Klageverhaltens beschränken. Sie muss ihm vielmehr auch vor Augen führen, was die beanstandete Wahrnehmung der Eigentümerrechte missbräuchlich macht und aus welchen konkreten Umständen der Missbrauch der Antrags-, Beschlussanfechtungs- oder sonstigen Eigentümerrechte abgeleitet wird. Dazu muss die Abmahnung die Vorgänge, die sie ausgelöst haben, nicht im Einzelnen auflisten und auch nicht beschreiben, welche konkreten Verhaltensweisen künftig Ausdruck des beanstandeten Rechtsmissbrauchs sein könnten.
Abmahnung "vergessen"
Fassen die Wohnungseigentümer einen Entziehungsbeschluss, mahnen sie aber versehentlich zuvor nicht ab, macht der Entziehungsbeschluss dem betroffenen Wohnungseigentümer wenigstens klar, dass die anderen Wohnungseigentümer seine Pflichtwidrigkeiten nicht länger hinnehmen wollen. Der Entziehungsbeschluss ist dann als die notwendige Abmahnung auszulegen/umzudeuten, der in der Regel aber ein weiterer Entziehungsbeschluss folgen muss. War der Entziehungsbeschluss allerdings nicht konkret genug, kann er nicht in eine Abmahnung umgedeutet werden. Stellt der Entziehungsbeschluss inhaltlich eine Abmahnung dar, entfällt die Wirkung der Erklärung nicht dadurch, dass der Beschluss später aus anderen Gründen für ungültig erklärt wird.