Leitsatz (amtlich)
Die Tatsachengerichte - also AG sowie das LG als das Gericht der Erstbeschwerde - sind gem. § 12 FGG von Amts wegen gehalten aufzuklären, ob die zuständige Staatsanwaltschaft mit der sofortigen Abschiebung des Ausländers trotz eines laufenden Ermittlungsverfahrens einverstanden ist.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 06.07.2007; Aktenzeichen 5 T 80/07) |
AG Saarlouis (Aktenzeichen 2 XIV 2220 L, ZBG AR 421/07) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des LG Saarbrücken vom 6.7.2007 - 5 T 80/07 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Betroffene ist russischer Staatsangehöriger. Er wurde, ohne im Besitz von Ausweispapieren zu sein, am 4.10.2006 in der Landesaufnahmeeinrichtung in bei einer Belegungskontrolle unter einem Bett versteckt aufgefunden. Nach eigenen Angaben des Betroffenen war er ca. sechs Wochen zuvor über Italien in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist. Er gab an, nunmehr Asyl beantragen zu wollen (Bl. 25 d.A.). Ihm wurden eine Bescheinigung über eine Meldung als Asylsuchender und eine Belehrung nach § 14 Abs. 1 und § 23 Abs. 2 AsylVerfG in russischer Sprache ausgehändigt (Bl. 26/27 d.A.).
Der Betroffene wurde, weil ein förmlicher Asylantrag nicht gestellt worden und er unbekannten Aufenthalts war, gem. § 66 AsylverfG zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben. Gegen ihn wurde wegen illegalen Aufenthalts ein Ermittlungsverfahren eingeleitet (11 Js 1782/06 StA Saarbrücken.).
Nachdem der Betroffene am 19.1.2007 anlässlich eines Kaufhausdiebstahls in S. in polizeilichen Gewahrsam genommen worden war, beantragte die Landespolizeidirektion - Polizeiinspektion S.- am 20.1.2007 gem. §§ 62 Abs. 1 und 106 Abs. 2 AufenthG die Anordnung von Vorbereitungs-/Sicherungshaft (Bl. 7 ff. d.A.). Zugleich wurde ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen wegen Diebstahls eingeleitet (07 Js 374/07 StA Saarbrücken).
Mit Beschluss vom selben Tag - ZBG AR 41/07 - ordnete das AG Saarbrücken - Zentrales Bereitschaftsgericht -Abschiebehaft gem. § 62 Abs. 1 AufenthG für die Dauer von sechs Wochen unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigern Wirksamkeit der Entscheidung an (Bl. 2/3 d.A.). Der Betroffene wurde daraufhin der Gewahrseimseinrichtung für Ausreisepflichtige in Ingelheim überstellt. Gegen diesen Beschluss legte der Betroffene mit Faxschreiben vom 1.2.2007 sofortige Beschwerde ein und beantragte, den Beschluss des AG Saarbrücken aufzuheben, hilfsweise die Rechtswidrigkeit der Verhängung der Abschiebungshaft festzustellen, und ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen (Bl. 14 ff. d.A.). Er vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen eines Haftgrundes gem. § 62 AufenthG nicht vorlägen.
Am 5.2.2007 wurde der Betroffene beim russischen Generalkonsulat vorgeführt, wo er ihm bereits am 22.1.2007 überlassene Formulare zur Beschaffung von Passersatzpapieren ausfüllte. Eine Freiwilligkeitserklärung gab er nicht ab (Bl. 51 d.A.).
Mit Beschluss vom 2.3.2007 - 10 XIV 10/07 B- hat das AG Bingen auf Antrag der Ausländerbehörde die Abschiebungshaft um drei Monate verlängert (Bl. 54 ff. d.A.), nachdem zwischenzeitlich das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft Saarbrücken mit der Abschiebung im Hinblick auf das Ermittlungsverfahren 07/Js 374/07 eingeholt worden war. Mit Blick auf den Ablauf der vom AG Saarbrücken verhängten Abschiebungshaft hat der Betroffene den Hilfsantrag als Hauptantrag gestellt und darauf verwiesen, dass die Haftanordnung bereits deshalb rechtswidrig gewesen sei, weil das notwendige Einvernehmen der Staatsanwaltschaft gem. § 72 Abs. 4 AufenthG mit der Abschiebung, das wegen der laufenden zwei Ermittlungsverfahren notwendig gewesen sei, nicht vorgelegen habe.
Am 7.3.2007 hat der Betroffene aus der Haft Asylantrag gestellt.
Am 13.6.2007 ist der Betroffene, nachdem er aus der Haft entlassen worden ist, untergetaucht und seitdem zur Festnahme ausgeschrieben.
Das LG hat die sofortige Beschwerde des Betroffenen mit Beschluss vom 6.7.2007 zurückgewiesen und hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 AufenthG für die Anordnung einer Vorbereitungshaft gegeben seien. Der Betroffene sei bereits mit Blick darauf, dass er trotz entsprechender Belehrung bei Stellung seines Asylgesuchs keinen Asylantrag gestellt habe, ohne Ausweisung zur Ausreise verpflichtet gewesen; die durch das ursprüngliche Asylbegehren entstandene Aufenthaltsgestattung (§ 55 Abs. 1 AsylVerfG) sei erloschen (§ 67 Abs. 1 Nr. 2 AsylverfG), über sonstige Aufenthaltstitel habe der Betroffene nicht verfügt. Hiermit seien die Voraussetzungen der Sicherungshaft erfüllt, ohne dass sich die antragstellende Behörde an ihrer Wortwahl "Vorbereitungshaft" festhalten lassen müsse. Eine über die in § 62 Abs. 1 AufenthG vorgeschriebene Haftdauer hinausgehende Haftzeit sei nicht beantragt bzw. angeordnet worden, auch seien beide Haftanordnungen Erscheinungsform derselben einheitlichen Freiheitsentziehungsmaßnahme. Auch lägen hinreichende Anhaltspu...