Leitsatz (amtlich)
Die Einschränkung, dass ein auswärtiger Rechtsanwalt bei bewilligter Prozesskostenhilfe nur zu den Kostenbedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalt beigeordnet wird, ist nur dann gerechtfertigt, wenn nicht die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen.
Zur Auslegung des § 121 Abs. 4 ZPO.
Verfahrensgang
AG Saarlouis (Beschluss vom 28.04.2005; Aktenzeichen 20 F 111/05 UE) |
Tenor
1. Auf die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des AG - FamG - in Saarlouis vom 28.4.2005 - 20 F 111/05 - teilweise dahingehend abgeändert, dass die zusammen mit der Beiordnung von Rechtsanwältin angeordnete Einschränkung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" entfällt.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der in wohnende Kläger reichte mit Schriftsatz vom 17.2.2005 beim FamG eine Klage, die auf Abänderung eines am 1.7.2003 abgeschlossenen Unterhaltsvergleichs gerichtet war ein, und bat gleichzeitig um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe "für die beabsichtigten Anträge". In dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das FamG dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm Rechtsanwältin in "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" beigeordnet. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, mit der er erreichen will, dass die Beiordnung zu den Bedingungen eines am Wohnort des Klägers ansässigen Rechtsanwalts erfolgt. Das FamG hat die Beschwerde als sofortige Beschwerde angesehen und dieser nicht abgeholfen.
II. Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.
Nach § 121 ZPO war dem Kläger vorliegend ein Rechtsanwalt beizuordnen. Dass die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Beiordnung hier vorgelegen haben, unterliegt keinem Zweifel. Entgegen der Auffassung des FamG genügte es jedoch nicht, einen am Prozessgericht nicht zugelassenen Rechtsanwalt nur unter der Bedingung beizuordnen, dass dadurch weitere Kosten nicht entstehen, denn nach § 121 Abs. 4 ZPO kann der Partei auf ihren Antrag, sofern besondere Umstände dies erfordern, zusätzlich ein sog. Verkehrsanwalt beigeordnet werden; statt dessen kommt auch die Beiordnung eines am Wohnort der Partei ansässigen Prozessbevollmächtigten in Betracht, dem dann auch etwaige zusätzliche Reisekosten zu erstatten sind.
Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH FamRZ 2004, 1362), der sich der Senat anschließt, ist zunächst davon auszugehen, dass im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe nach § 121 Abs. 1 und 3 ZPO in der Regel ein bei dem Prozessgericht niedergelassener Rechtsanwalt beizuordnen ist und ein nicht bei dem Prozessgericht niedergelassener Rechtsanwalt nur dann beigeordnet werden kann, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstehen.
Hiervon macht jedoch § 121 Abs. 4 ZPO insofern eine Ausnahme, als ein weiterer Rechtsanwalt zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden kann, wenn besondere Umstände dies erfordern. Denn wenn der Partei - wie es dem Regelfall des § 121 Abs. 1 und 3 ZPO entspricht - ein Rechtsanwalt am Ort des Prozessgerichts beigeordnet wurde, kann es in besonders gelagerten Einzelfällen erforderlich sein, ihr einen zusätzlichen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung eines auswärtigen Termins zur Beweisaufnahme (§ 362 ZPO) oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Hauptbevollmächtigten beizuordnen. Wurde hingegen ein nicht am Ort des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter beigeordnet, besteht kein Bedarf für die Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts; dafür ist der auswärtige Rechtsanwalt aber grundsätzlich berechtigt, seine Reisekosten nach § 46 RVG abzurechnen (BGH FamRZ 2004, 1362; OLG Koblenz v. 25.7.2001 - 14 W 525/01, MDR 2002, 175 = NJW-RR 2002, 420; OLG Frankfurt v. 2.8.2002 - 5 WF 15/02, MDR 2003, 177 = OLGReport Frankfurt 2002, 340; KG v. 29.8.2003 - 1 W 185/03, MDR 2004, 474 = KGReport Berlin 2004, 17; a.A. OLG Naumburg v. 16.5.2001 - 14 WF 49/01, OLGReport Naumburg 2001, 486).
Ordnet das Gericht der Partei im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe ausnahmsweise einen nicht in seinem Bezirk niedergelassenen Rechtsanwalt bei, und sieht es von der Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO ab, kann es dem Prozessbevollmächtigten deswegen nicht stets durch die beschränkte Beiordnung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" zugleich die Möglichkeit der Erstattung von Reisekosten nach § 46 RVG nehmen. Eine solche Beiordnung ist vielmehr nur dann möglich, wenn auch sonst lediglich Kosten eines am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts entstehen könnten, weil "besondere Umstände" i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen. Bei der Entscheidung über die Beiordnung eines nicht am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts hat das Gericht also immer auch zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO e...