Leitsatz (amtlich)
Bittet der Prozessbevollmächtigte eines Schuldners, gegen den als Erben eine notarielle Urkunde mit Unterwerfung unter die sofortige Zwangsollstreckung umgeschrieben worden ist, erfolglos, die eingeleitete Zwangsvollstreckung bis zur Klärung ihrer Zulässigkeit auszusetzen, so kann das Veranlassung zur Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage i.S.d. § 93 ZPO sein.
Normenkette
ZPO § 93
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 28.04.2009; Aktenzeichen 14 O 457/08) |
Tenor
1. Die Sache wird zur Entscheidung auf den Senat übertragen.
2. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird Ziff. 1 des Schlussurteils des LG Saarbrücken vom 28.4.2009 - 14 O 457/08 - wie folgt abgeändert:
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
4. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.135,30 EUR festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin hatte die Erbschaft ihres verstorbenen Bruders V. R. als Miterbin zu 1/40 im Jahr 1997 angenommen. Bis heute ist der Nachlass nicht geteilt. Die Klägerin ging davon aus, dass Nachlassverbindlichkeiten nicht bestanden.
Die Beklagte erreichte eine Umschreibung einer notariellen Zwangsvollstreckungsunterwerfung des Erblassers wegen einer Forderung von 90.000 DM, welche sie zur Zwangsvollstreckung in das persönliche Vermögen der Klägerin (allerdings unter ihrem früheren Namen S. F.) ermächtigte. Sie beauftragte das Inkassobüro H. GmbH, welches am 17.10.2008 einen Zwangsvollstreckungsantrag wegen eines Teilbetrages i.H.v. 10.000 EUR an die Gerichtsvollzieherverteilerstelle richtete. Durch Schreiben des Gerichtsvollziehers W. vom 10.11.2008, der Klägerin am 17.11.2008 zugestellt (Bl. 11 d.A.), forderte er die Klägerin auf, sich bei ihm zu melden und drohte andernfalls eine Pfändung an. Mit Schreiben vom 8.12.2008 forderte er die Klägerin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 9.1.2009 auf und drohte den Erlass eines Haftbefehls gegen sie an. Am 11.12.2008 focht die Klägerin ihre Annahmeerklärung an und erhob am 22.12.2008 Vollstreckungsabwehrklage gegen die Beklagte.
Mitte Januar erhielt die Beklagte Akteneinsicht, gab am 26.1.2009 - noch vor Zustellung der Klageschrift - eine Verteidigungsanzeige ab und erklärte, nachdem die Klage am 2.2.2009 zugestellt worden war, am 2.3.2009 ein sofortiges Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast. Am 5.3.2009 nahm sie ihren Vollstreckungsauftrag ggü. dem Gerichtsvollzieher zurück.
Die Klägerin hat behauptet, ihr Prozessbevollmächtigter habe vor Klageerhebung mit einem Mitarbeiter der H. GmbH telefoniert und dabei erfahren, dass die zuständige Sachbearbeiterin in Urlaub sei. Seine Bitte, die Zwangsvollstreckung bis zur Klärung der Angelegenheit ruhen zu lassen, sei abgelehnt worden.
Die Beklagte hat behauptet, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe sich am 8.12.2008 gemeldet. Er sei auf das Bankgeheimnis hingewiesen und gebeten worden, zunächst eine Vollmacht vorzulegen. Am 17.12.2008 habe er sich bei der zuständigen Sachbearbeiterin melden wollen.
Durch Schlussurteil vom 28.4.2009 (Bl. 134 d.A.) legte das LG der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auf. Dagegen hat die Klägerin am 19.5.2009 durch Anwaltsschriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen.
Die Beklagte hat sich dagegen gewandt.
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen das Schlussurteil vom 28.4.2009 ist gemäß den §§ 99 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgemäß eingelegt.
Sie ist auch begründet. Das LG hat der Klägerin zu Unrecht die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Eine Kostentragungspflicht der Klägerin gem. § 93 ZPO kommt nicht in Betracht.
(1.) § 93 ZPO, der als Ausnahmevorschrift von der Grundregel des § 91 ZPO abweicht, wonach den unterliegenden Teil die Kostenlast trifft, stellt aus Gründen der Kostengerechtigkeit und der Prozesswirtschaftlichkeit darauf ab, ob ein Rechtsstreit überhaupt notwendig war. Für die Frage der Kostentragung kommt es demnach darauf an, ob der unterlegene Beklagte, der den gerichtlich geltend gemachten Anspruch sofort anerkennt, durch sein vorprozessuales Verhalten Veranlassung zur Klage gegeben hat. Ist dies nicht der Fall, kann er nicht als Veranlasser der Kosten des Rechtsstreits angesehen werden, die deshalb dem Kläger aufzuerlegen sind (BGH, Beschl. v. 21.12.2006 - I ZB 17/06, MDR 2007, 1162; Giebel in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 93 Rz. 1).
Veranlassung zur Erhebung einer Klage i.S.v. § 93 ZPO gibt der Beklagte durch ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt. Daraus folgt, dass es für die Frage, ob der Beklagte Anlass zur Klage gegeben hat, auf sein Verhalten vor dem Prozess ankommt (BGH, Beschl. v. 8.3.2005 - VIII ZB 3/04, NJW-RR 2005, 1005). Es kommt für die Frage der Klageveranlassung nicht auf Verschuldensgesichtspunkte an, sondern darauf, o...