Leitsatz (amtlich)
Zur Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Anwalts, wenn der Versicherer einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten bestellt hat.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 02.09.2011; Aktenzeichen 4 O 521/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1. gegen Beschluss des LG Saarbrücken vom 2.9.2011 - 4 O 521/09 - wird zurückgewiesen.
Der Beklagte zu 1. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 599,64 EUR.
Gründe
I. In dem Verfahren 4 O 521/09 des LG Saarbrücken wurden die Beklagten - der Beklagte zu 1. als Fahrer, die Beklagte zu 2. als Haftpflichtversicherer des von dem Beklagten zu 1. geführten Kraftfahrzeugs - wegen eines Unfallereignisses vom 5.11.2007 als Gesamtschuldner auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen. Mit Schriftsatz vom 29.1.2010 bestellten sich die Rechtsanwälte als Prozessbevollmächtigte für beide Beklagten. Mit Schriftsatz vom 17.2.2010 zeigte die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1. an, dass sie nunmehr den Beklagten zu 1. vertrete. Nach Abschluss des Verfahrens durch klageabweisendes Urteil vom 14.6.2011 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1. die Festsetzung der diesem zu erstattenden Kosten i.H.v. 1.359,58 EUR, was sie, nachdem der Kläger dem Antrag entgegen getreten ist, damit begründet hat, dass dem Zivilverfahren ein Strafverfahren, in dem sie den Beklagten zu 1. vertreten habe, vorausgegangen sei, und dem Beklagten zu 1. im Falle eines Unterliegens im vorliegenden Verfahren die Rückstufung gedroht habe.
Das LG - Rechtspflegerin - hat mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2.9.2011, auf den Bezug genommen wird (Bl. 253 ff. d.A.), die von dem Kläger an den Beklagten zu 1. zu erstattenden Kosten auf 160,29 EUR festgesetzt und dies damit begründet, dass die Kosten lediglich in Höhe der fiktiven Erhöhungsgebühr von 0,3 = 134,70 EUR nebst Mehrwertsteuer erstattungsfähig seien.
Gegen den ihm 19.9.2011 zugestellten Beschluss hat der Beklagte zu 1. mit am 4.10.2011 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er die Festsetzung von weiteren zu erstattenden Kosten i.H.v. 599,64 EUR erstrebt. Er vertritt die Auffassung, dass der hälftige Gebührenanspruch gemäß nachfolgender (wird ausgeführt) Berechnung und nicht nur die Erhöhungsgebühr als erstattungsfähige Kosten festzusetzen seien.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorlegt.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die gem. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 576, 569 ZPO statthafte und im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Anwaltskosten hängt, auch wenn es jedem Streitgenossen unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten grundsätzlich freisteht, einen eigenen Rechtsanwalt zu beauftragen, in Fallkonstellationen der vorliegenden Art davon ab, ob es für den Beklagten zu 1. notwendig war, sich durch einen weiteren, gesondert beauftragten Rechtsanwalt vertreten zu lassen, obwohl der Versicherer einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; denn nach § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO sind die Kosten mehrerer Anwälte einer Partei vom unterlegenen Gegner nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Anwalts nicht übersteigen oder in der Person des Anwalts ein Wechsel erforderlich war. Eine solche Ausnahme ist gegeben, wenn ein konkreter sachlicher Grund die Inanspruchnahme von mehreren Prozessbevollmächtigten gebietet (grundlegend: BGH, Beschl. v. 20.1.2004 - VI ZB 76/03, m.w.N.). Der Umstand, dass nach den im Innenverhältnis zwischen dem Beklagten zu 1. und seiner Haftpflichtversicherung geltenden Versicherungsbedingungen der Versicherungsnehmer im Falle eines Rechtsstreits dessen Führung dem Versicherer zu überlassen und dem Rechtsanwalt, den der Versicherer bestellt, Vollmacht zu erteilen hat (vgl. § 7 II Nr. 5 AKB 2007, E.2.4. AKB 2008) (s. hierzu auch Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 27. Aufl., § 7 AKB 2007, Rz. 60, m.w.N., sowie 28. Aufl., E.2 AKB 2008, Rz. 6, m.w.N.), sich damit also grundsätzlich jeder Einflussnahme auf die Prozessführung zu enthalten und auch von sich aus keinen Anwalt zu bestellen hat, rechtfertigt es nicht, dem Gegner die hierdurch entstehenden Mehrkosten aufzuerlegen. Vielmehr spricht diese Regelung gerade für eine Begrenzung der Kostenerstattungspflicht. Beim Versicherer handelt es sich nämlich regelmäßig um ein gewerbliches Unternehmen, das oft über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass sachkundige Mitarbeiter der Rechtsabteilung den Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereiten und ihren Prozessbevollmächtigten entspre...