Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 18.04.2008; Aktenzeichen 5 T 631/07) |
AG Saarbrücken (Aktenzeichen 7 XIV 77/07) |
Tenor
I. Der Beschluss des LG S. vom 18.4.2008 - 5 T 631/07, wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die sofortige Beschwerde und über die Kosten der weiteren sofortigen Beschwerde an das LG S. zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Betroffene, eine chinesische Staatsangehörige, gelangte mit Hilfe eines Schleusers mit dem Flugzeug von Peking nach Tschechien, wo sie am 27./28.10.2007 erkennungsdienstlich behandelt worden war. Danach reiste sie- wieder mit Hilfe eines Schleusers - über die deutsch-tschechische Grenze nach Deutschland ein. Am 6.12.2007 wurde sie, ohne im Besitz eines Passes/Passersatzes oder gültigen Visums oder sonstiger Aufenthaltstitel zu sein, bei dem Versuch, von Deutschland aus nach Frankreich auszureisen, von den französischen Grenzbehörden aufgegriffen und der Bundespolizei übergeben. Auf Antrag des Bundespolizeiamtes, Bundespolizeiinspektion S. (Bl. 1 ff. d.A.) ordnete das AG S. zur Sicherung der Zurückschiebung der Betroffenen nach Tschechien mit Beschluss vom 6.12.2007 unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Wirksamkeit der Entscheidung Zurückschiebungshaft für die Dauer von drei Monaten bis zum 5.3.2008 an. Am 8.12.2007 informierte die Bundespolizei das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über einen EURODAC- Treffer bezüglich der Betroffenen (erkennungsdienstliche Behandlung in Tschechien) (Bl. 37 d.A.). Auf Anfragen zum Sachstand am 10.12.2007, 12.12.2007 und 7.1.2008 teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 11.1.2008 mit, dass die Zustimmung der tschechischen Behörden zur Rückführung vorliege (Bl. 40 d.A.).
Gegen den Beschluss des AG legte die Betroffene mit Faxschreiben vom 20.12.2007 sofortige Beschwerde ein (Bl. 15 ff. d.A.), weil nicht beachtet worden sei, dass es sich um ein Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 - die Betroffene habe nicht nach China, sondern nach Tschechien zurückgeschoben werden sollen - handele. Die nach Art. 20 Abs. 1, b EG-AsylZustVO von dem Mitgliedsstaat, in dem bereits ein Asylantrag gestellt worden sei, zu beachtende Frist von zwei Wochen zur Erklärung der Wiederaufnahme des Asylbewerbers stehe der angeordneten Haftdauer von drei Monaten entgegen, da sie in Tschechien bereits einen Asylantrag gestellt habe. Kommunikationsprobleme der beteiligten Behörden untereinander seien ihr nicht zuzurechnen. Mit einer Rückführung nach Tschechien erkläre sie sich ausdrücklich einverstanden. Mit Schriftsatz vom 9.1.2008 beantragte die Betroffene Prozesskostenhilfe.
Die Betroffene wurde am 24.1.2008 nach Tschechien zurückgeführt.
Mit Schriftsatz vom 5.2.2008 beantragte die Betroffene festzustellen, dass die über den 21.12.2007 hinaus angeordnete Abschiebungshaft rechtswidrig gewesen sei, weil es sich um ein sog. Dublin II- Verfahren gehandelt habe. Aufgrund des Asylantrages in der Tschechien Republik habe eine Rückübernahmeverpflichtung der dortigen Behörden bestanden und seien diese zur Beachtung der Zweiwochenfrist des Art. 20 Abs. 1, b EG-AsylZustVO der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 verpflichtet gewesen.
Das LG hat mit Beschluss vom 18.4.2008, auf den Bezug genommen wird (Bl. 42 ff. d.A.), die sofortige Beschwerde und den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Zurückschiebungshaft gem. §§ 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 57 Abs. 1 S. 1, 50 Abs. 1 AufenthG vorgelegen hätten, weil die Betroffene, ohne im Besitz eines Passes/Passersatzes oder gültigen Visums oder sonstiger Aufenthaltstitel zu sein, nach Deutschland eingereist sei, die Betroffene nicht glaubhaft gemacht habe, dass sie sich nicht der Abschiebung entziehen werde (§ 62 Abs. 2 S. 3 AufenthG) und auch nicht festgestellt werden könne, dass die Anordnung der Haft gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder das Übermaßverbot verstoßen habe. Insbesondere sei die angeordnete Haftdauer auch mit Art. 20 Abs. 1, b EG-AsylZustVO (Verordnung (EG) Nr. 343/2003) vereinbar.
Gegen den ihr am 8.5.2008 zugestellten Beschluss hat die Betroffene mit am 23.5.2008 (Freitag nach Fronleichnam) eingegangenem Schriftsatz sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Sie hat darauf verwiesen, dass nicht nur die in Art. 20 Abs. 1, b EG-AsylZustVO genannte, sondern auch die Monatsfrist zur Rücküberstellung nicht gewahrt worden sei. Ferner sei nicht beachtet worden, dass ein Asylantrag in einem anderen Mitgliedsstaat der Dublin II-Verordnung bereits vor der Inhaftierung gestellt worden sei, so dass § 14 Abs. 3 AsylVfG einer Abschiebungshaft entgegen gestanden habe.
II.1. Die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen ist zulässig und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§ 106 Abs. 2 S. 1 AufenthG, §§ 3 S. 2, 7 FEVG, §§ 22, 29 FGG).
Die Zulässigkeit wird insbesondere nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich die ursprüngliche Haftanordnung nach Einlegung d...