Leitsatz (amtlich)

1. Die zur Festsetzung des Streitwertes nichtvermögensrechtlicher Ansprüche auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen gebotene Ermessensentscheidung ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Bedeutung und des Umfanges der Sache und auch der Vermögensverhältnisse der Parteien zu treffen. Der in § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG genannte "Ausgangswert" von derzeit 5.000,-- Euro ist lediglich ein erster Anhalt und je nach den Umständen zu ermäßigen oder zu erhöhen.

2. Hat das vom Kläger angerufene Landgericht die Klage zu Recht mangels sachlicher Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen, so ist der Rechtsstreit auf den im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag des Klägers an das sachlich zuständige Amtsgericht zu verweisen.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 6 O 379/17)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Senat das Landgericht Saarbrücken für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf den im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Antrag des Klägers unter Aufhebung des am

12.7.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken - Az. 6 O 379/17 - an das zuständige Amtsgericht Neunkirchen verweist.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Beklagte ist der ehemalige Lebensgefährte der Frau H. B., einer Bekannten des Klägers. Der Kläger wirft dem Beklagten vor, ihn verleumdet, beleidigt und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt zu haben. Er stützt das auf drei - in erster Instanz auf zwei - Ereignisse: Am 19.1.2017 habe der Kläger, "offensichtlich [von] Eifersucht gepackt", bei Frau H. B. angerufen und bewusst wahrheitswidrig behauptet, er habe von einem Ehepaar gehört, der Kläger sei bekanntermaßen "schwul", "bisexuell" und würde "bei den Strichern herumfallen". Am 28.1.2017 habe der Beklagte bei ihm, dem Kläger, angerufen und ihn als "schwule Sau" bzw. "Schwuchtel" beschimpft, am 4.2.2017 als "schwules Arschloch".

Der Kläger hat vom Beklagten Unterlassung, Widerruf und eine Geldentschädigung verlangt und in der Klageschrift den Streitwert auf insgesamt 18.500 EUR beziffert (5.000 EUR für den "Unterlassungsanspruch wegen Verleumdung/übler Nachrede"; 5.000 EUR für den "Unterlassungsanspruch wegen Beleidigung"; 7.500 EUR für den Widerrufsanspruch "bzgl. massiv ehrenrühriger Behauptungen [...] auf sexuellem Gebiet"; mindestens 1.000 EUR "Entschädigung für schwerwiegende Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts").

Der Beklagte hat die Mitteilung an die Zeugin H. B., wonach ein Ehepaar ihm berichtet habe, der Kläger sei "bi", eingeräumt. Ansonsten hat er die ihm unterstellten Äußerungen bestritten.

Er hat die sachliche Unzuständigkeit des Landgerichts Saarbrücken gerügt.

Das Landgericht hat die Klage, nachdem der Kläger im Termin vom 21.6.2018 ausdrücklich erklärt hatte, keinen Verweisungsantrag zu stellen, mit Urteil vom 12.7.2018 als unzulässig abgewiesen. Es hat den Wert der beiden Unterlassungsanträge, des Widerrufsantrags und des Zahlungsantrags auf Geldentschädigung auf jeweils 1.000 EUR beziffert und mit Blick auf den sich daraus ergebenden Gesamtstreitwert von 4.000 EUR die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts verneint.

Der Kläger hat Berufung eingelegt.

Er meint, für die Unterlassungsanträge sei der "gesetzliche Regelauffangstreitwert" entsprechend § 52 Abs. 2 GKG bzw. § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 RVG maßgeblich. Die Sache sei nach Umfang, Ausmaß, Gewicht und Schwere der Diffamierung und der Beleidigung sowie Schwierigkeit und Bedeutung eher überdurchschnittlich.

Der Kläger bleibt bei seinen erstinstanzlichen Behauptungen und Beweisangeboten und bezieht sich darüber hinaus auf einen angeblichen Anruf des Beklagten bei ihm am 4.2.2017, in dem er ihn als "schwules Arschloch" beschimpft habe.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 12.7.2018 abzuändern und

1. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, über ihn außerhalb rechtsförmlicher Verfahren (gerichtlicher Verfahren einschließlich des hiesigen, Verfahren bei den Strafverfolgungsbehörden oder Verwaltungsbehörden) vorsätzlich gegenüber Dritten mit Ausnahme zeugnisverweigerungsberechtigter Angehöriger im Sinne von § 52 Abs. 1 Nrn. 1-3 Strafprozessordnung und mit Ausnahme zeugnisverweigerungsberechtigter Personen im Sinne von § 53 Abs. 1 Nrn. 1-5 Strafprozessordnung Tatsachen zu behaupten oder zu verbreiten, welche den Kläger verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet sind und insbesondere dies auch besseres Wissen zu tun; insbesondere den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, über den Kläger gegenüber Dritten die bewusst wahrheitswidrig aufgestellte Behauptung - auch sinngemäß - aufzustellen oder zu verbreiten, der Kläger sei "schwul" oder "bisexuell" und würde "bei den Strichern rum...

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